Filmdose

Artefakte moderner Archäologie

Filmdose mit entwickelter Diapositivfilmrolle

Höhe: 45 mm, ø: 33 mm
Beschichtete Polyester-Folie, Zellstoff
Fundort: Tangerhütte
gefunden am 12. August 2008

Eine kleine, runde Filmdose aus grüner Pappe birgt jene besonderen Momente, von denen sich einst jemand erhoffte, dass diese nicht in Vergessenheit geraten. Vierzig konservierte Augenblicke in schwarz/weiß.

Wir schießen Fotos, um besondere Momente zu fixieren. Wir verbildlichen unsere Erinnerungen und es ist absurd, wie einströmendes Licht hochempfindliches, beschichtetes Trägermaterial belichtet und durch die Filmentwicklung Abbilder jener Augenblicke entstehen, die wir festzuhalten versuchen. Fernab von den inflationär genutzten Möglichkeiten der digitalen Fotografie, ist der Aufnahmemoment der analogen Fotografie nicht zeitglich der mögliche Reproduktionstermin. Um die Aufnahmen zu sehen, braucht es mehr, als ein Kartenlesegerät und USB-Anschluss. Die Entwicklung eines Films benötigt Zeit und Geduld und ist vor allem ein greifbarer, physischer  Prozess, der trotz technischer Überholung nichts an Faszination verliert. Was man auf den Bildern erkennen kann, ist keine absurd große Masse zusammengerechneter, einzelner Bildpunkte, sondern ein echtes, eben analoges, Abbild von dem, was wir wirklich gesehen haben. Eine schöne Vorstellung.

Während eines Praktikums in einem Fotoatelier in meiner Heimatstadt kam ich nicht umhin, einige Archivarbeit zu erledigen. Ich wurde gebeten einige bereits entwickelte, jedoch nicht abgeholte Filme zu sortieren. Bisher nahm ich an, dass der Abgabe eines belichteten Filmes ein großes Interesse an den Ergebnissen innewohnt, weshalb ich mir die Masse der zurückgebliebenen Filme nicht zu erklären wusste. Neben mehreren Filmtaschen und Plastikdosen fiel mir eine kleine, apfelgrüne Filmdose aus Pappe auf. Deutlich von der Zeit gezeichnet und vermutlich älter, als die anderen Filmdosen, trägt sie auch den Stempel eines anderen Fotoateliers. Der Fotograf wies mich darauf hin, dass einige Filme auch aus den Beständen seines mittlerweile verstorbenen Onkels stammen können, der in der DDR ein Fotoatelier in Tangerhütte betrieb. Unter seiner Aufsicht sammelte er die ersten fotografischen Erfahrungen und erlag bald der Faszination Fotografie. Als einzige grüne Dose, die aus diesem Atelier stammt, ist sie zum einen ein besonderes und hübsches Erinnerungsstück, steckt aber auch voller Fragen. Wer hat den Film damals abgegeben? Warum wurde der entwickelte Film nicht abgeholt? Auf dem Film selbst sind einige Personen zu erkennen, vermutlich sind es Familienbilder. Vielleicht war es ein Sommerurlaub – Kinder spielen und baden, zwei Erwachsene sitzen auf Tüchern in der Sonne. Auch einige Porträtaufnahmen sind dabei. Auf dem Deckel der Dose steht handschriftlich ein Name, Rost, und noch ein weiteres Wort, vielleicht eine Ortsangabe? Leider wenig lesbar. Auch der Fotograf wusste weder mit Namen, noch den Personen etwas anzufangen.

Doch selbst wenn ich den Ursprung dieser Aufnahmen nicht ausfindig machen kann, so möchte ich diese Filmdose aufheben und jene Erinnerungen bewahren, von denen einst jemand dachte, sie seien es wert, festgehalten zu werden.

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Autor Henrike Fischer

Foto Henrike Fischer

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