Verrosteter Kronkorken

Verrosteter KronkorkenNeustädter Fundstücke

Verrosteter Kronkorken

33 x 37 x 1 mm
Metall, Kunststoff
Fundort: Einertstraße
gefunden am 23. April 2012

Zerdrückt. Verrostet. Den Kräften der Natur ausgesetzt. Nur die Zacken und Kunststoffdichtung auf der Rückseite verraten die frühere Funktion. Dennoch ist der Kronkorken auch ein Symbol für die bedeutenden Entwicklungen Ende des
19. Jahrhunderts.

Eine Erinnerungsreise

Nur durch Suchen in den sonst unscheinbaren Ecken der Leipziger Neustadt, finde ich den verrosteten Kronkorken. Unter Staub und Dreck vergraben im Schatten einer Häuserwand. Scheinbar nutzlos liegt er in einer Ecke der Einertstraße. Jedoch erinnert der verrostete Kronkorken nicht nur an eine weltweite Erfindung und deren Durchbruch. Er trägt auch die Historie einer längst vergangenen Epoche der Leipziger Neustadt in sich, die für die Bewohner des Stadtteils bedeutende Entwicklungen bereit hielt.

War es zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch üblich Waren und Lebensmittel auf Märkten zu kaufen und um Preise zu feilschen, entstanden im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung auch in Deutschland erste Warenhäuser mit festgeschriebenen Preiskennzeichnungen. Im damaligen Sachsen wurden sogenannte „Consumvereine“ gegründet. Kleine Vereine mit einer überschaubaren Mitgliederzahl sollten es der Bevölkerung ermöglichen, preisgünstige Güter in einem Laden erwerben zu können. Nachdem seit 1884 zwei Consumvereine, Vorläufer der heutigen „KONSUM“ Filialen, in Plagwitz und Connewitz entstanden waren, bemühten sich auch die Neustädter um einen solchen. Am 13. Dezember 1889 war es soweit. Der dritte Consumverein Leipzigs durfte offiziell gegründet werden. Die erste Filiale im Stadtteil Neustadt wurde in der Eisenbahnstraße Ecke Einertstraße eröffnet.

Verkaufsstelle des ersten Consumvereins der Leipziger Neustadt im Jahr 1920

Verkaufsstelle des ersten »Consumvereins« der Leipziger Neustadt im Jahr 1924

Wie noch heute in Konsumfilialen gängig, wurden auch damals im Neustädter Consumverein Getränkeflaschen aus Glas verkauft. Diese wurden Ende des 19. Jahrhunderts mit verschiedensten Arten von Deckeln verschlossen. Sowohl Porzellandeckel mit Gummiring als auch Korken mit Metallbügel waren als Verschluss weit verbreitet. Dass die Verschlüsse dem Druck des Flascheninhaltes oft nicht standhielten, war jedoch ein unangenehmes Problem. Die Flasche wurde undicht, der Inhalt lief aus oder wurde ungenießbar.

Der Amerikaner William Painter löste dieses Problem und stellte 1892, kurze Zeit nach Eröffnung des Neustädter Consumvereins, seine Erfindung „Crown Cork“ vor. Eine kreisrunde und zackenförmige Metallplatte mit einem dünnen Korkring auf der Innenseite, die Getränkeflaschen luftdicht verschloss. Der Kronkorken war geboren und eroberte seitdem die Welt. In Deutschland setzte sich William Painters Erfindung erst sehr viel später, Anfang der 1970er Jahre, durch. Somit durften die Mitarbeiter des ersten Neustädter Consumvereins Ende des 19. Jahrhunderts noch nichts von der revolutionären Entdeckung des Amerikaners gehört haben.

Quellen
Die Erfindung des Kronkorkens
Warum haben Kronkorken immer 21 Zacken?
Historische Nachlese zu einem „Consum“-Doppeljubiläum
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (bereitgestellte Fotografien)

weitere Links
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Autor
Ulrike Riemann

Neustädter Fundstücke