Der Hades – das Leben nach dem Tod

Der Hades, oder auch Orcus, Erebos oder Unterwelt genannt, ist keineswegs eine Verbannung, wie viele meinen, sondern ein Seelenlager, in das alle Seelen der Verstorbenen gelangen. Dennoch war die Unterwelt den antiken Menschen verhasst.

In der Unterwelt müssen alle Seelen 1000 Jahre dafür Buße tun, dass sie in einen neuen Körper eingegangen sind. Dies tun sie trotzdem, denn nach neunmaliger Wiederholung sind sie selig und gelangen in den Aether zu den Göttern. Insgesamt verbringt also jede Seele 10.000 Jahre in der Unterwelt.

Vor der Styx

Der Weg in den Hades beginnt mit dem Tod. Aber auch nur die Seele des Verstorbenen gelangt in den Hades. Sie kann man sich als ein schattenähnliches Abbild des Menschen vorstellen, sie hat dieselben Umrisse wie der Verstorbene. War der Mensch also dick, so ist der Schatten dick. Doch alles andere erkennt man nicht mehr. Dies ist besonders wichtig. Es ist wichtig, dass die Seelen unverhüllt sind und sich nicht hinter schönen Körpern, Verwandtschaften und Reichtümern verstecken. Denn die Totenrichter im Hades, Minos, Rhadamanthys und Aiakos, entscheiden über den weiteren Verbleib in der Unterwelt, indem sie über das vergangene Leben des Verstorbenen urteilen. Das Urteil ist nur gerecht, wenn nichts davon ablenkt.

Styx

Merkur geleitet die Seelen zu Charon, der sie zum Hades über die Styx hinüberfährt. Voraussetzung dafür ist eine ordnungsgemäße Bestattung und eine Münze zwischen den Zähnen, mit der Charon bezahlt wird. Geschah dies nicht, müssen die Seelen am Ufer 100 Jahre warten, ehe sie hinübergefahren werden können.

Charon bringt die Seelen auf die andere Seite der Styx, Original »Überfahrt in die Unterwelt« von Joachim Patinir

Am anderen Ufer der Styx

Cerberus, ein dreiköpfiger Höllenhund, bewacht nun den Eingang zum Hades, den kein Sterblicher mehr verlassen kann, außer er hat den goldenen Zweig als Eintrittskarte dabei. Betreten werden kann der Hades von einem Sterblichen jedoch immer, er muss Cerberus nur mit Honigkuchen betäuben, um an ihm vorbeizukommen.

Hades

Dahinter erstreckt sich der Hades mit den verschiedenen Seelenbezirken. Zuerst findet man die Bezirke der frühzeitig Verstorbenen vor, die sich in 5 Unterkategorien unterteilen. Frühzeitig Verstorbene sind z.B. Säuglinge, Selbstmörder, unglücklich Liebende, unschuldig Verurteilte oder auch Kriegshelden. Diese müssen so lange in der Zwischenwelt des Hades bleiben, wie sie eigentlich noch gelebt hätten, ehe sie zu den Totenrichtern wandern dürfen. Hinzu kommen 1000 Jahre in der Unterwelt, die jede Seele dort verbringen muss.

Tiefer im Hades

Die Totenrichter erteilen das Urteil über den weiteren Verbleib auf der Asphodeloswiese. Sie ist bewachsen von Asphodillen, Liliengewächsen, die ein gängiger Grabschmuck in der Antike waren. Seelen aus Europa werden von Aiakos und jene aus Asien von Rhadamanthys beurteilt. Minos hat die letzte Entscheidung inne und regiert mit einem goldenen Zepter. War das Leben des Menschen fromm und gerecht, darf dieser nach links ins Elysium, auf die Insel der Seligen, wo ewige Glückseligkeit herrscht. War es jedoch ungerecht und gottlos, so muss die Seelen in den Tartaros, in dem Zucht und Strafe vorherrschen. Ist das Leben nicht das eine oder andere, verbleibt die Seelen auf der Asphodeloswiese. Die elysischen Gefilde, also die Asphodeloswiese und das Elysium, werden von dem Fluss Lethe umströmt. Von dem Fluss des Vergessens muss jede Seele vor Eintritt trinken, um das alte Leben zu vergessen. Der Phlegethon, der Feuerstrom, umfließt den Tartaros.

Nach 1000 Jahren

Nachdem die Seelen 1000 Jahre im Hades verbracht haben, gelangen sie auf die aeris campi, die Aufenthaltsorte für die Seelen, bevor sie wiedergeboten werden. Die Körper müssen nicht nur menschlich sein, sie können auch in Pflanzen oder Tiere übergehen. Mit dem Tod beginnt der Kreislauf wieder von Neuem.

Das Weltbild

Die antike Bevölkerung hatte eine ganz klare Vorstellung von ihrer Welt. Die Erde bestand aus den Kontinenten Europa und Asien und umströmt wurde alles von dem Ozean. Ozean und Erde waren nur eine Scheibe. Auf dem Olymp, dem höchsten Berg Griechenlands, der bis in den Himmel reicht, wohnen die 12 olympischen Götter. Die untere Luft ist die Luft zum Atmen, in ihr befinden sich Sonne, Mond und Sterne. Es gibt aber auch noch die obere Luft, auch Aethr genannt. Sie ist der leuchtend klare Himmel und Sitz einiger Götter. Unterhalb der Erde befindet sich nun der Hades, der für die Seelen der Verstorbenen vorgesehen ist. Umströmt wird er von der neunwindigen Styx und anderen Unterweltsströmen wie dem Acheron. Noch tiefer liegt der Tartaros, der Strafort und die sogenannte Hölle.

 

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Die Seelenwanderung – der Weg der Seele durch den Hades
Das Weltbild der Antike – Typografie des Hades

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Quellen/ weiterführende Links

Norden, Eduard: P. Vergilius Maro. Aeneis Buch VI. Kommentar, 2. Auflage, Leipzig: Teubner, 1916 (hier online über die UBL einsehbar)

Rohde, Erwin: Psyche. Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen, Freiburg im Breisgau: Mohr

mehrere Artikel aus: Der kleine Pauly. Lexikon der Antike in 5 Bänden. bearbeitet und herausgegeben von Konrad Ziegler und Walther Sontheimer. Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler, 2013

Platon: Gorgias (PDF, besonders Seite 59-61 ab Abschnitt 523: Frage nach der richtigen Lebensweise und nach Gut und Böse, Darstellung der Totenrichter)

Artikel im Spiegel Online über den Eingang zum Hades