Wanderers Klingel

Artefakte moderner Archäologie

Wanderers Klingel
55 x 75 x 75 mm
angerosteter Stahl
Fundort:  Kirnitzschtal  (Sächsische Schweiz)
gefunden am 01. Mai 2010

Die Klingel wurde am Fuße des „Goldsteins“ unterhalb der „Goldsteinaussicht“ im Kirnitzschtal in der Sächsischen Schweiz gefunden. Auf den ersten Blick ist sie eine ganz normale Fahrradklingel. Doch offenbart sie eine eigene traurige Geschichte.

Wanderers Klingel. Traurige Enthüllung auf dem „Malerweg“

„Was machen wir kommendes Wochenende?“, fragte ich letztes Jahr ungefähr um diese Zeit meinen Freund, der gerade durchs Internet surfte. Er antwortete: „Hm, hör dir das hier mal an: ‚Bereits im 19. Jahrhundert inspirierte die Sächsische Schweiz Maler wie Caspar David Friedrich, Ludwig Richter und Adrian Zingg. 2007 wurde nun der Malerweg zum schönsten Wanderweg Deutschlands gekürt. Auf der Wanderroute „Malerweg und Sächsische Schweiz“ entdecken Sie die einzigartige Natur des Nationalparks mit wildromantischen Tälern, majestätischen Tafelbergen und atemberaubenden Aussichten. Die Etappen verbinden viele markante und sicher auch schon bekannte Stationen, wie zum Beispiel der Uttewalder Grund, die Bastei, die Festung Königstein und das Kirnitzschtal. Neben der vielfältigen und abwechslungsreichen Landschaft und den naturbelassenen Wegen bietet der Weg viele Einkehrmöglichkeiten.‘ (CORSO  – die reiseagentur  2010) Der „Malerweg“. Lass uns dort wandern gehen!“ Gesagt – getan!

Am Samstagvormittag packten wir also die Rucksäcke und machten uns vom Kyffhäuser in Thüringen aus auf den Weg gen Sachsen. Bis Schmilka nahe der tschechischen Grenze reisten wir mit dem Auto. Dann verließen wir uns nur noch auf Karte, Kompass und Schuhwerk. Natürlich hatten wir wie immer Kamera und Skizzenbuch dabei – erst recht auf dem Malerweg. Unser Ziel an diesem Tag war die  „Buschmühle“ im Kirnitzschtal, eine kleine aber unter Kletterern und Wanderern sehr beliebte Gaststube, die auch schon als Kulisse für die Verfilmung von Bernhard Schlinks Roman „Der Vorleser“ gedient hatte. Nun aber los. Es war immerhin bereits Mittag und wir hatten noch gute 14 km vor uns.

(1) Auf dem „Malerweg“                 (2) Im Hintergrund „Goldstein“ und „Goldsteinaussicht“

Von Schmilka aus mussten wir gleich einen harten Anstieg zur buchenbewachsenen Basaltkuppe des „Großen Winterbergs“ bewältigen. Durch sonnendurchfluteten Buchenwald wanderten wir über den „Rosssteig“ hinüber zur „Goldsteinaussicht“. Dort genossen wir den Ausblick über den „Großen Zschand“ und entdeckten unter uns den beeindruckenden Klettergipfel „Goldstein“. Da wir beide neben dem Wandern auch die Leidenschaft fürs Klettern teilen, entschieden wir uns, beim Abstieg zum „Alten Zeughaus“ am Gipfel vorbeizuschauen. Während mein Freund noch den Felsen bewunderte und sich ärgerte, dass wir an diesem Tag das Seil daheim gelassen hatten, sah ich etwas auf dem Waldboden schimmern. Da man leider auch hier oft einmal nur eine Glasscherbe glitzern sieht, erwartete ich nichts Spektakuläres. Aber die Neugier siegte. Als ich näher kam, erkannte ich eine kleine rostige Fahrradklingel. Eine Fahrradklingel mitten hier im Klettergebiet auf unwegsamem Pfad? Hatte hier nur jemand schnell seinen Müll von der Aussicht entsorgt? Oder war gar jemand mitsamt seinem Fahrrad von dort oben hinuntergestürzt? Nein… Schließlich entschied ich mich, die Klingel mitzunehmen.

Weiter talwärts vorbei am „Alten Zeughaus“ ging es in die „Mühlenschlüchte“. Von der „Kleinsteinhöhle“ führte uns der Weg zum „Arnstein“ und dann schon hinab zur kleinen Kirnitzsch. Voller Vorfreude auf ein kühles Bier zum Feierabend erkannten wir schon von weitem die „Buschmühle“ (3).

Edgar, die gute Seele der „Buschmühle“, hieß uns herzlich willkommen und nahm unsere Bestellung entgegen. Während wir warteten, packten wir unsere Kameras aus und erfreuten uns an den Schnappschüssen des Tages.

Oben auf in meinem Rucksack hatte ich noch die Klingel und legte sie mit auf den Tisch. Bald brachte Edgar Speis und Trank. Sein Blick fiel auf die Klingel und er fragte uns, wo wir die denn gefunden hätten. Ich erzählte ihm von dem sonderbaren Fund unterhalb der „Goldsteinaussicht“. Darauf berichtete er, dass vor Monaten noch regelmäßig ein Wanderer in die „Buschmühle“ einkehrte, der auf Caspar David Friedrichs Pfaden den „Malerweg“ entlang wandelte wie „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ (4).

Auch er trug einen Wanderstock, aber mit eben einer solchen Klingel versehen. Mit diesem Markenzeichen war der Geselle bald überall in der Region bekannt. Doch im vergangenen Herbst traf die tragische Nachricht ein, dass ein Wanderer an der „Goldsteinaussicht“ abgestürzt sei. Bis zu unserem Wandertag ist sich Edgar nicht sicher gewesen, ob jener Unglückliche der Wanderer mit der Klingel gewesen war.

Quellen:
Links

Wandern im Nationalpark Sächsische Schweiz (Stand: 19. Mai 2011)

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Autor
Lehmann, Antje

Fotos
Abbildung 1-3: Lehmann, Antje
Abbildung 4: „Der Wanderer über dem Nebelmeer“

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