Bienchenstempel

Zu sehen ist der Bienchenstempel im liegenden Zustand, sodass die typischen Merkmale wie die Form des Griffes, die Metallmarkierung und der Stempelfuß mit dem Bienchenmotiv gut sichtbar sind.

Signet des stehenden Stempels

„Lob ist die einzige Kraft, die uns zu edlen Handlungen antreibt und Ausdauer dafür verleiht.“

Jean de La Bruyère (1645 bis 1696), französischer Moralist und Aphoristiker

Du kennst es sicherlich aus der Schule, dem Alltag oder von der Arbeit, dass Rückmeldungen von Mitmenschen einen entscheidenden Einfluss auf deine Motivation haben können. Wird beispielsweise Interesse an deinen selbstgeschriebenen Gedichten gezeigt, wirst du dich höchstwahrscheinlich weiterhin intensiv mit dieser Tätigkeit auseinandersetzen. Bleiben positive Rückmeldungen jedoch dauerhaft aus, wirst du dich weniger kompetent fühlen und dich irgendwann wahrscheinlich kaum noch mit diesem Thema beschäftigen. An dieser Stelle wird klar, wie wichtig Feedback für das Lernen ist – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule.

Erfindung des
Bienchenstempels

Um Motivation und Leistungsbereitschaft an Schulen zu fördern, wurde in der DDR der Bienchenstempel erfunden. Dieser diente in Abgrenzung zu Schulnoten als prägnante, symbolische Rückmeldung für besondere Leistungen und sollte Anerkennung ohne materiellen Hintergrund vermitteln. Vor allem für GrundschullehrerInnen wurde er unverzichtbar. Mit seinem kleinen, handlichen Holzkörper passt der Stempel nebst Stempelkissen in jede Lehrerfedermappe. Bis heute wurde die Idee des Lobens durch Stempel weiterentwickelt, sodass aktuell eine enorme Vielfalt an Motiven mit Schriftzügen und diversen Emojis existiert. Interessant bei Betrachtung des Stempelmotivs ist, dass bei der Gestaltung der Biene in der DDR die biologische Korrektheit dem gegenwärtig verbreiteten Smiley-Gesicht vorgezogen wurde.

Aus dem Foto zu sehen ist eine Hand, die den Stempel zur vorgesehenen Benutzung hält. Die platzsparende, aber trotzdem ergonomische Form des Stempelgriffes wird deutlich. Außerdem ist die Metallmarkierung zur Ausrichtung des Motivs zu sehen.
Der Stempel muss platzsparend gestaltet sein und gleichzeitig
angenehm in der Hand liegen. Zur idealen Ausrichtung des Motivs
dient die Metallmarkierung.
Auf dem Foto zu sehen ist der liegende Stempel, ein schwarzes Stempelkissen und der Stempelabdruck auf braunem Papier. Auffällig ist die biologische Korrektheit des Bienchenmotivs.
In der DDR war die Gestaltung des Bienchenmotivs eng am biologischen Vorbild orientiert.
Da es noch keine Automatik-Stempel gab, musste ein Stempelkissen mitgeführt werden.

Chancen

Beim Lob durch den Stempel handelt es sich um eine bekräftigende Erziehungstechnik. Dabei geht es darum, erwünschtes Verhalten zu bestärken anstatt unerwünschtes Verhalten zu bestrafen. Dies bietet Kindern eine effektive Orientierungshilfe, sodass gelobte Verhaltensweisen wahrscheinlich häufiger gezeigt werden (siehe Operante Konditionierung nach Skinner). Diese positive Verstärkung durch Lob erweist sich als sinnvoll, da sich somit stabile Erfolgserwartungen und ein positives Selbstbild entwickeln können. Dadurch entsteht mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, was wiederum zu besseren Leistungen führt.

Gemäß der Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan existieren drei psychologische Grundbedürfnisse, die erfüllt werden müssen, um Motivation für die Ausführung einer Handlung zu erzeugen: Kompetenz, soziale Eingebundenheit und Autonomie. Bienchenstempel können Kompetenzerleben befriedigen, indem durch ihre Vergabe Wertschätzung für Anstrengung und Erfolg zum Ausdruck gebracht wird. Das Gefühl der Zugehörigkeit wird dabei vermittelt, indem generell Feedback und Rückhalt geboten werden. Die so erzeugbare Motivation zieht schließlich mehr Aufmerksamkeit, Ausdauer und Freude am Lernen nach sich.

Die Bienchen der gegenwärtigen Lobstempel sind oft mit Smiley-Gesichtern und zusätzlichen motivierenden Schriftzügen versehen. Das Bienchen der DDR ist hingegen biologisch korrekt gehalten.

Grenzen

So ideal der Lobstempel zur Motviationsförderung erscheinen mag, ist es doch nötig, auch einen kritischen Blick zu bewahren. In der DDR wurden Bienchenstempel ausschließlich für als gut befundene Leistungen wie Fleiß und Mitarbeit verteilt. Wer diesen Anforderungen nicht entsprach, bekam keinen Stempel. Ein ähnliches Phänomen ist auch heute zu beobachten, wo nicht nur lobende sondern ebenso kritisierende Stempel existieren. Hierbei wird klar, dass das Verteilen von Lobstempeln nicht völlig dem Ziel der allumfassenden Motivation entsprechen kann. Denn sobald einige Kinder keinen oder einen „weniger wertvollen“ Stempel bekommen, können sie sich trotzdem schnell ausgeschlossen und im Vergleich mit anderen Kindern weniger kompetent fühlen. Auch der Anspruch, eine weniger wertende und autonomere Alternative zu Schulnoten darzustellen, kann nicht gewährleistet werden, da trotzdem eine Hierarchisierung nicht zu vermeiden ist. Außerdem besteht bei Stempelbildern ebenso wie bei Noten die Gefahr, dass es den Kindern mehr um das Sammeln der Stempel als um die gelobte Handlung geht.

Um das große motivationale Potenzial der Lobstempel förderlich ausnutzen zu können, sollten diese somit immer bedacht eingesetzt werden.

Auf dem Foto zu sehen ist der scharfe Stempel im Vordergrund und ein Haufen von Holzzahlen von Eins bis Sechs im Hintergrund mit geringer Tiefenschärfe. Es soll zum Nachdenken über das Verhältnis von Schulnoten und Stempeln angeregt werden.
Stellt der Bienchenstempel eine bessere Alternative zu Schulnoten dar?
Hier ist die Animation eines hüpfenden Bienchenstempels zu sehen, der verschiedenfarbige Bierchen stempelt.
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Weitere Informationen

Wie lobe ich richtig?

Quellen

Brandstätter, V. / Schüler, J. / Puca, R. M. / Lozo, L.: Motivation und Emotion. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin 2013.

Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hrsg.): Kinder brauchen Respekt und Resonanz. Dokumentation des Projektes zur Förderung von Kindern mit verhaltens- und leistungsbedingten Besonderheiten. Dresden 2011.

Schefter, T.: Zitate über Lob von Jean de La Bruyère aus der Zeit des 17. Jahrhundert (Barock). In: https://www.aphorismen.de/suche? f_thema=Lob&neuezuerst=1&f_zeit=17.Jh&f_autor=781_Jean+de+La+Bruy%C3%A8re (Stand: 10.06.2022). 2022.

Süddeutsche Zeitung: „Da hilft der Stempel nicht mehr, da muss ich an die Ursachen herangehen“. In: https://www.sueddeutsche.de/bildung/lob-in-der-schule-das-hast-du-toll-gemacht-1.3392006-2 (Stand: 10.06.2022). 2017.

Urhahne, D. / Dresel, M. / Fischer, F. (Hrsg.): Psychologie für den Lehrberuf. Berlin: Springer. 2019.

Remus, A.: Bienchenstempel. In: https://www.stempel.shop/wiki/begriffe/bienchenstempel/ (Stand: 10.06.2022). 2022.

eol: Bienchenstempel Details. In: http://www.gemutlichkeit.de/html/weitereDienstleistungen/bienchen/bienchen2.php (Stand: 10.06.2022). 2009.

Schieck, D:. System. In: https://www.ddr-geschichte.de/Bildung/Schule/schule.html (Stand: 10.06.2022). 2022.

Heine, M.: Mit Affenzahn über die Eselsbrücke. Die Tiere in unserer Sprache. Hamburg. 2019. In: https://www.vivat.de/media/_pdf/133529/133529.pdf (Stand: 10.06.2022).

Autorin des Beitrags: Christine Meyer

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