Medizinball


Von den einen verehrt von den anderen verschmäht. Der Medizinball hat uns doch alle schon einmal zum Schwitzen gebracht und ruft noch immer die ein oder andere Erinnerung an so manche Sportstunde hervor. „Er war rund, schwer, aus Leder und tat weh, wenn man ihn abbekommen hat!“ Genau so hat meine Oma ihre Erinnerungen an den Medizinball zusammengefasst. Ich denke hingegen an positive Erlebnisse mit dem Sportgerät beim Kraftkreis oder kleinen Spielen im Sportunterricht sowie an die ästhetische Erscheinung des runden Lederballs. Schon in den Anfängen seiner Karriere überzeugte der Medizinball mit all seinen Vorzügen und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. So verbreitete er sich schnell und gewann weltweit an Popularität.

Ansammlung an alten Medizinbällen

Nach über 100 Jahren noch immer beim Training dabei.

„Medizinballüben heißt den Gliedern Freiheit geben – heißt Individualität wecken – heißt Körperfreude schenken.“

(Ruisinger, M. & Stukenbrock, K., 2013, S.21)

Schwere Vollbälle gab es schon weit vor der Erfindung des Medizinballs. Als Erfinder und Namensgeber des „medicine ball“ gilt der Amerikaner William Muldoon. Er integrierte die schwere Lederkugel erstmals in den 1870er Jahren beim Boxtraining, indem er den Ball auf seinen Gegenüber schleuderte, um dessen Muskelkraft, Beweglichkeit und Reaktionsschnelligkeit zu verbessern. In den Vereinigten Staaten gewann der Medizinball schnell an Popularität. So schrieb Paul Hardy 1912 in seinem Buch über „Amerikanische Körperkultur“, dass der Medizinball eine der hervorragendsten Errungenschaften der „Physical-Culture“ ist. Nur kurze Zeit später machte das runde Leder auch in Deutschland Karriere. Als Vorreiter und Übermittler gelten die Sportlehrer Carl Diem und Hans Surén. Bis heute bleibt offen, wer von den Beiden genau für den Transfer des Sportgerätes verantwortlich ist. Klar ist jedoch, dass beide Männer ein breites Programm an Medizinball-Übungen entwickelten. Der Name wurde aus dem Englischen übernommen. Die Bedeutung des Namens ermöglicht verschiedene Varianten. So kann bspw. die richtige Nutzung des Sportgerätes besser als jede Medizin sein oder auf den menschlichen Körper wie Medizin wirken.

Medizinball auf einem Feld

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges waren die Menschen in einer schlechten körperlichen Verfassung. Um dem Verlust der „Volkskraft“ entgegenzuwirken, galt es aus der gesamten Bevölkerung wieder gesunde, kräftige und schöne Körper hervorzubringen. So wurden Leibesübungen für Männern, Frauen und Kindern zur Pflicht. Der Medizinball war fester Bestandteil des Sportprogrammes. Doch die Gymnastik mit dem Medizinball war alles andere als „geschlechtsneutral“. Während das Training der Männer auf die Wiederherstellung der Wehrfähigkeit, mit dem Fokus auf Kraft, Abhärtung und Leistungssteigerung ausgerichtet war, ging es bei den Übungen der Frauen um den Erhalt der Gebärfähigkeit.

Medizinbälle gibt es in verschiedenen Größen

Mittlerweile gibt es Medizinbälle in zahlreichen Farben und auch das Material hat sich in vielen Produktionen von Leder zu Kunststoff gewandelt. Die Infografik im weiteren Verlauf zeigt die einstige Medizinballherstellung der Firma Berg aus Nürnberg.

Klicke auf das Bild, um zur Infografik zu gelangen!

Auch heute kommt der Medizinball noch auf seine Kosten.

Hoch hinaus mit dem Mediznball

In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für Fitness und Gesundheit immer deutlicher in den Vordergrund gerückt. Gerade das Krafttraining erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit. Egal ob mit dem eigenen Körpergewicht, an Kraftgeräten, mit Zusatzgewichten und Widerstandsbändern oder mit dem Medizinball, ein Krafttraining lässt sich vielfältig gestalten und einsetzen. So kann es sowohl zu einem gesteigertem physischen als auch psychischen Wohlbefinden beitragen. Der heutige Forschungsstand beweist, dass ein Krafttraining bei korrekter und altersgerechter Umsetzung, auch im Kindes- und Jugendalter sinnvoll ist. Bei jüngeren Kindern sollte vor allem eine spielerische Kraftförderung im Vordergrund stehen. Diese kann mit zunehmendem Alter durch gezielte und effektivere Übungen ersetzt werden.

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Auch im Profifußball wird der Medizinball beim Training eingesetzt. Ein Verfechter des schweren Balles ist der Trainer Wolfgang Felix Magath. Für seine Wahl an Sportgeräten wird er auch mal belächelt und von Spielern scherzhaft kommentiert. Aber ordentlich ins Schwitzen kommen sie beim Training mit dem Medizinball alle.

„Ich hab ihnen Dienstag Medizinbälle in die Hand gegeben, und schon läuft es.“ Felix Magath

Plakat (PDF-Datei)

Menzi C. et al. Krafttraining im Kindes- und Jugendalter. Universität Basel.

Ruisinger, M. & Stukenbrock, K. (2013). Der Medizinball. Grenzgänger zwischen Sport, Medizin und Politik. Kataloge des Deutschen Medizinhistorischen Museums Ingolstadt (Heft Nr. 38). Ingolstadt.

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