Der Spitzer


spitzt Stifte spitz… und?

Der Spitzer lässt sich als Wegbegleiter der Schulzeit betiteln. Doch durch die voranschreitende Digitalisierung des Schulsystems kann er bald von Kugelschreibern, Touchscreens und Smart-Stiften von der Schulbank gestoßen werden.

Den Stift reinstecken, dann drehen, drehen, drehen, bis er so spitz wieder herauskommt, dass auf dem Blatt eine präzise Linie zurückbleibt.
Der Anspitzer liefert neben unnötig vielen Spänen auch das Werkzeug zum genauen Arbeiten. Doch ist dies im alltäglichen Bildungskontext noch von Nöten?

Im folgenden Text wird die Wichtigkeit des genauen Arbeitens in Bezug auf motorische Fähigkeiten beleuchtet.

Aspekt der Genauigkeit im Schulkontext 

In Bereichen der schulischen Bildung, beispielsweise in naturwissenschaftlichen Fachrichtungen, wie Mathematik, genauer in der Geometrie, wird von Lehrer: innen viel Wert auf Genauigkeit gelegt. Genaues Arbeiten wird als essenzielle Fachkompetenz begriffen, die Kinder in ihrer schulischen Bildung ausüben sollen. Genaues Arbeiten beginnt bei der Konzentration auf den Unterricht und seinen Inhalten und endet bei feinmotorischen Fähigkeiten, die beispielsweise für das Zeichnen von Diagrammen benötigt wird. Von Schuljahr zu Schuljahr wird der Anspruch an Schüler: innen höher. Mit ihm steigt auch die Wichtigkeit des genauen (motorischen) Arbeitens. Zu betonen ist, dass nicht in jeder Fachrichtung feinmotorische Fähigkeiten gleich gefragt sind, doch sie spielen im allgemeinen Bildungskontext eine wichtige Rolle.

Was bleibt übrig?

Aspekt der Genauigkeit im kunstpädagogischen Kontext

Im kunstpädagogischen Kontext (im Sinne der Ontogenese) spielt die Genauigkeit in Hinsicht auf die visuomotorische1 Entwicklung eine übergeordnete Rolle. Auch wenn laut Urban „das kreative kindliche [und somit bildnerische] Chaos“ (Urban, S.51) vorerst noch unbeeinflusst von der ‚erwachsenen Ordnung‘ scheint, ist das Erlernen von grafomotirschen2 Fähigkeiten die Grundessenz des Weiteren bildnerischen Entwicklungsverlaufs eines Kindes. 

Der Einfluss von Bezugspersonen hat in jedem Fall eine wichtige Rolle in der Entwicklung eines Kindes. So kann der, durch eine außenstehende Person auf ein Kind ausgeübte Drang, zur grafomotorischen Genauigkeit zu Versteifungen in der bildnerischen Entwicklung eines Kindes führen. 

Sehr wichtig für die weitere feinmotorischen Entwicklung ist das Erlernen von geometrischen Formen. Im Alter von 6 Jahren sollten Kinder die wesentlichen geometrischen Formen verinnerlicht haben, da diese als Voraussetzung für das Erlernen des Schreibens anzusehen sind. Mit zunehmendem Alter zeigt sich eine Automatisierung des Schreibprozesses. Dabei werden „visuelle Wahrnehmung, motorische Planung, visuomotorische Koordination und kognitive Leistungen synchronisiert, was die Lesbarkeit der Schrift, Schreibtempo, Orthografie und Inhalt des Geschriebenen maßgeblich bestimmt“ (Jenni, S.241).

Der Schreibprozess kann demnach als einer der komplexesten Entwicklungsleistungen der kindlichen Lernentwicklung gesehen werden, da es einer genauen Abstimmung verschiedener Fähigkeiten bedarf. Laut Berninger und anderen Forscher: innen gelingt der Schreibprozess Jungen meist weniger gut als Mädchen. (vgl. Berninger V u.a., S. 257 – 280)

Auch im künstlerischen Aspekt wird Wert auf Genauigkeit gelegt, vor allem in der künstlerischen Bildung und Entwicklung. Beispielsweise beim gezielten Anlegen von Skizzen und bildnerischer Studien sollte auf Genauigkeit geachtet werden, denn diese sind als Vorarbeiten zu begreifen. Beachtet werden muss, dass dies nicht auf alle künstlerischen Bereiche verallgemeinert werden kann und sich auf die Zielstellung bezieht.

Trotz, dass es zu beobachten ist, dass der Spitzer an Wichtigkeit verliert, wird die Relevanz seines Erzeugnisses in verschiedenen Bereichen der Bildung gefordert.

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Begriffserklärung:

visuomotorische1: Unter der Visoumotorik ist die Koordination von visuellen und motorischen Bewegungsabläufen zu verstehen. Im Text ist primär die Auge-Hand-Koordination gemeint.

grafomotrischen2: Ebenso wie die Visuomotorik ist die Grafomotorik als Teil der Sensomotorik untergliedern. Bei dem Begriff „Grafomotorik“ werden technisch-motorische Abläufe beschrieben, die essenziell für das Schreiben, Zeichnen und Malen sind. Zusammengefasst umschreibt die Grafomotorik den Prozess mit der Hand grafische Zeichen zu Papier zu bringen.

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Quellenverzeichnis


Urban
Urban Klaus K., S.51, Kreativität, Herausforderung für Schule, Wissenschaft und Gesellschaft, LIT-Verlag, Münster, 2004 

Jenni
Oskar Jenni, 2013, Wie Kinder die Welt abbilden – und was man daraus folgern kann, Thieme Verlagsgruppe

Berninger V u.a.
Berninger V, Yates C, Cartwright A, Rutberg J, Remy E, Abbott R. Lower-Level Developmental Skills in Beginning Writing. Reading and Writing 1992; 4: 257 – 280 

Recherche, Bilder und Text von Lukas Spreer 2022

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