Kommunizieren mit Tags und Graffiti
Ein Beitrag von Hanna Jaap
Wie funktioniert Graffiti als Form der Kommunikation und welchen Sinn hat das eigentlich Alles?
In diesem Beitrag wird es nicht darum gehen, ob Graffiti eine Kunstform oder „Schmiererei“ ist. Aber Fakt ist, dass Graffiti eine Art der Kommunikation im öffentlichen Raum ist. Ich will hiermit die Frage in diesen Raum stellen, wer hier kommunizieren kann und darf, wem dieser Raum gehört und wer das Recht haben sollte ihn sich zu nehmen und mitzugestalten. Somit richtet sich dieser Beitrag an alle, die sich für Graffiti interessieren, aber auch an alle, die bisher noch keinerlei Berührungspunkte damit hatten. Vor allem aber richtet er sich an alle FLINTA*-Personen und Personen aus marginaliesierten Gruppen*, die das Gefühl haben, ihnen fehlt es an genügend Platz in diesem öffentlichen Raum.
Sprayer:in in der Graffiti-Wand im Stadtpark Rabet, Leipzig
Um einen Überblick zu schaffen, gibt es zu Beginn ein paar allgemeine Informationen zu Graffiti:
Das Wort Graffiti stammt aus dem italienischen und ist die Plural von Graffito. Ursprünglich beschreibt es ein Kratzbild oder in Stein geritzte Zeichnungen, weshalb auch schon die ersten Kunstwerke der Menschheit (Tierdarstellungen auf Wänden) als Graffiti bezeichnet werden können. Heute steht Graffiti für den Einsatz von Farbe auf Flächen im Öffentlichem Raum. Graffiti-Künstler:innen benutzen einen Marker oder eine Dose und drücken sich in Form von Signaturen (Tags), Motiven, Figuren (Charactern), politischen Parolen oder einer Buchstabengruppe (Style) aus. Die ersten modernen Graffiti entstanden Mitte der 1960er Jahre mit der Entstehung der Hip-Hop Kultur. 1971 wurde in der New York Times erstmals über einen Botenjungen berichtet, der seinen Namen „Taki183“ in allen fünf Stadtteilen New Yorks hinterließ. Der Artikel löste einen Trend in der Stadt aus und die neuartigen Signaturen (Tags) verbreiteten sich. Die Tradition des „Tags“ war geboren, bei der ein Signaturkürzel des Graffiti-Künstler:innen als Unterschrift verwendet wird, aber auch als territoriale Markierung mit dem Ziel, den eigenen Style zu präsentieren und in einem bestimmten Gebiet besonders präsent zu sein. So entstand auch in New York ein Wettkampf unter den Artists, den Namen am häufigsten und am auffälligsten in der Stadt zu verteilen. In den 1970 Jahren endeckten die Graffiti-Artists dann auch die U-Bahnen und Züge für sich. Sie wurden zum Mittel das Tag mobil und somit für noch mehr Menschen sichtbar zu machen. Bald begannen auch einzelne Artist ihre Tags dicker zu schreiben und mit einer anders farbigen Outline (Umrisslinie) zu umranden. So begann das Style-Writing, bei dem der ästhetische Wert des geschriebenen und nicht die Bedeutung dessen im Vordergrund steht.
Sprayer:in in der Graffiti-Wand im Stadtpark Rabet, Leipzig
Im Unterschied zu Street Art geht es beim Sprühen von Graffiti nicht darum, dass ein spezifischer Inhalt vermittelt und von der Öffentlichkeit verstanden wird. Die eigentliche Kommunikation liegt darin, Präsenz zu zeigen, sich Raum zu nehmen. Oft geht es um Anerkennung innerhalb der Graffiti-Szene, doch es geht auch um die Mitgestaltung der Umwelt und Einflussnahme. Diese Art der Mitgestaltung ist laut Gesetz illegal.Das ist auch ein Grund dafür, dass ich vor allem! FLINTA*- und Personen aus marginalisierten Gruppen dazu motivieren möchte, sich durch Tags einen Raum in der Öffentlichkeit zu nehmen. Hier fühlt es sich oft genauso illegal an, sich das Wort in Diskussionen zu nehmen, die eigene Meinung zu äußern, sich Raum auf öffentlichen Sportplätzen zu nehmen usw. Sich darin zu erproben, diese Grenzen zu überschreiten und den Raum, der sich genommen wurde, bildlich vor sich zu sehen, ist wichtig und kann empowernd sein. Deshalb findet ihr in der Infographik auch noch eine kleine Anleitung zum Designen eines eigenen Tags.
Klicke hierfür auf den Banner „Designe deinen Tag“ für die Infografik
In diesem Beitrag wird natürlich nur das legale Sprayen und Taggen empfohlen ;). In Leipzig findet ihr diese Flächen im Stadtpark Rabet, in Plagwitz am Giezer Skatespot DIY, an der Antonienbrücke, im Conne Island, an der Engelsdorf Fame, am Skatepark in Reudnitz, am Werk2, an der „Wall of Fame Bürgerpark Paunsdorf“ und im Calisthenics-Park am UFO Gohlis Mitte.
* FLINTA* ist eine Abkürzung und steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen. Der angehängte Asterix dient dabei als Platzhalter, um alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten einzubeziehen. Zu marginalisierten Gruppen zählen Menschen, die aufgrund von Faktoren, die normalerweise außerhalb ihrer Kontrolle liegen, nicht die gleichen Chancen haben wie andere, privilegiertere Gruppen. Beispiele könnten Arbeitslose, Migrant:innen und andere sozial Ausgeschlossene sein.
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Quellen und Verweise
- Legale Walls (o. D.): 9 legale graffiti walls in Leipzig – Graffiti Coach, [online]https://www.legal-walls.net/city/leipzig . [abgerufen am 19.06.2023]
- Diversity-Arts-Culture.Berlin (o. D.): Marginalisierung – Diversity Arts Culture, [online] https://diversity-arts-culture.berlin/woerterbuch/marginalisierung . [abgerufen am 22.06.2023]
- Der Graffiti Coach – Youtube (o. D.): Graffiti für Anfänger – Simple taggen lernen – Graffiti Coach, [online] https://www.youtube.com/watch?v=EMOQSAJcKeA. [abgerufen am 16.06.2023]
- Graffiti Wiki (o. D.): Graffiti Wiki – das größte deutschsprachige Wiki zu Graffiti, [online]https://www.graffiti-wiki.com/ . [abgerufen am 18.06.2023]