Behördenbrief

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Behörden Hürden

Ein Beitrag von Aila Pätzold

Wer kennt sie nicht? Die nervigen Briefe, die ab und zu im Briefkasten liegen. Es sind weder Postkarten von der Oma noch Liebesbriefe, geschweige denn Briefe von der Brieffreundin aus Neuseeland. Nein, es sind Botschaften von offiziellen Verwaltungsorganen des Staates. Schon mit der Geburt wird jeder Mensch in Deutschland Teil des Briefsystems. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stellt auf ihrer Website zwei umfangreiche Checklisten, bereit, eine für vor und eine für nach der Geburt. Auf diesen Checklisten finden sich Hinweise zu Rechten und Pflichten der Eltern. In jeden Fall muss das Kind innerhalb von 7 Werktagen beim Standesamt gemeldet werden. Diese komplizierten und auf den ersten Blick unnötig erscheinenden Formalitäten sind nur ein Bruchteil dessen, was Bürger*innen im Laufe ihres Lebens erwartet. Denn wird man ein*e mündige*r Bürger*in, ist man, wenn man seine Rechte nutzen oder seine Pflichten des Systems erfüllen will, gezwungenermaßen auf eine Kommunikation mit seinen Verwaltungsorganen angewiesen. Und ein sehr gebräuchlicher Weg, dafür sind auch noch im Jahr 2023, die Behördenbriefe. 

Zettelwirtschaft ist für viele Menschen Alltag

Wie zeitgemäß sind Briefe?

Für die meisten jungen Menschen in Hoch/-schulausbildung sind die Briefe und Massen an analogen Formularen Alltag. Denn um staatliche finanzielle Förderungen zu erhalten, auf welche viele junge Menschen angewiesen sind, ist der Kontakt mit Behörden und angegliederten Organisationen unumgänglich: BAföG, Kindergeld, Halbwaisenrente etc. All das ist nur durch Anträge und regelmäßige Rückmeldung einzuholen. Also, es steht fest: Die Kommunikation mit Behörden gehört zum Alltag der meisten Menschen. Und da stellt sich doch die Frage, warum eigentlich diese Briefe? Denn Briefe gehören seit dem 21. Jahrhundert nicht mehr zum Alltag und sind eben von E-Mail, SMS und Messaging-Diensten abgelöst wurden. Diese Briefe scheinen eine Hürde zu sein in der Welt optimierter, effizienterer Kommunikationswege. Zu viel Papier, zu langsam, zu veraltet. Gäbe es nicht Wege, die Zettelwirtschaft einzudämmen? 

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Digitalisierung war nicht nur in der öffentlichen Verwaltung lange Zeit ein Fremdwort. Jedoch will der Bund jetzt mit einer Neuauflage des Online-Zugangesetztes (OZG) die Digitalisierung vorantreiben. Die bereits seit 2019 existierende BundID, soll als digitales Postfach für offizielle Benachrichtigungen funktionieren. Auch finanzielle Förderungen sollen mit ihr beantragt werden können. Das heißt, ich kann mit Deutschland chatten? Nein, es wird natürlich anders sein. Nach herkömmlicher Manier, aber eben digital. 
Doch Digitalisierung braucht Zeit. Online kann man die Jahresberichte der FITKO (Förderale IT- Kooperation) einsehen, in denen festgehalten wird, dass die Umsetzung von Online-Verwaltungsdienstleistungen eine hohe Priorität hat. In der Bilanz von 2022 steht dort: „Ja, wir haben noch viel zu tun (…)“. Die Einsicht ist zwar da, aber Deutschland hinkt, im Vergleich zu einigen Nachbarländern, eher hinterher. Weil der Wille in diesem Fall zählen soll, muss man den Blick auf eine zweite Hürde lenken, die in der Kommunikation mit Behörden auftaucht: die formelle Behördensprache. 

Wie gut funktioniert die Behördensprache?

Offizielle Texte sind, so scheint es, unnötig kompliziert verfasst. Inklusiv sind sie auf jeden Fall nicht, denn für Menschen, welche Deutsch nicht als Muttersprache sprechen oder Menschen, die eine niedrigere Lesekompetenz haben, sind „beschränkt“ darin, die Hürden der Verwaltungsakte zu meistern. Aber selbst viele Menschen mit durchschnittlicher bis höherer Lesekompetenz können die Briefe nicht beim ersten Lesen erfassen, so dass Behördensprache Teil des allgemeinen Diskurses ist und nicht nur ein „besonderer Diskurs“ über Inklusion einzelner marginalisierter Gruppen (obwohl, auch das Teil des allgemeinen Diskurses werden sollte).

Viele Menschen kapitulieren regelmäßig vor ihren Behördenbriefen

Trotz einiger Gleichstellungsreformen, welche Träger öffentlicher Belange aufgefordert in leicht verständlicher Sprache zu kommunizieren, gibt es zu viele Menschen, die Informationen verpassen, weil sie nicht in der Lage sind sie zu verstehen. Initiativen, wie Mensch zuerst – Netzwerk People First e.V., setzen sich dafür ein, dass Informationen zugänglicher gemacht werden und Menschen nicht mehr vor ihren Behördenbriefen kapitulieren müssen. Leicht verständliche Sprache wäre für alle eine gute Lösung. Da die Behörden jedoch als staatliches Verwaltungsorgan funktionieren und daher von Haus aus mit juristischer Fachsprache arbeiten, ist dies ein wenig kompliziert. Es klingt zwar leicht aus einem Satz wie: „Das Fangen der Mäuse erfolgt d­urch eine Katze.“, „Eine Katze fängt Mäuse“ zu machen. Jedoch wäre das ein hochkomplexes und natürlich kostenintensives Unterfangen, weil bisherige Dokumente erst einmal von speziell geschulten Menschen in die einfachere Sprache übersetzt werden müssten. 
Genau so kostet es aber auch Geld und Verwaltungsaufwand, wenn Menschen behördliche Briefe nicht verstehen und dadurch nicht wissen was sie zu tun haben oder lassen sollten. Es wird klar: Es ist ein Hürdenlauf für beide Seiten und bis wir am Ziel ankommen braucht es eine Menge Zeit und Papier. 

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Quellen und Verweise


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