Das Projekt

Künstliche Intelligenz (KI) und momentan verfügbare KI-Tools entwickeln sich rasch. Verwendet man sie produktiv oder auch nur spielerisch, können sie Tage, Wochen oder Monate später plötzlich anderes, nämlich viel mehr – Texte generieren, Bilder aus Texten generieren, aus Bildern Bilder generieren, aus Bildern Videos generieren, Texte aus Texten generieren, usw. und das ist toll. Es macht Spaß und ist für die Anwender*innen magisch und scheint unsere schöpferischen und kreativen Gedanken und Fertigkeiten auszuweiten und zu verbessern. Die KI wird Teil unserer Fähigkeiten. Aber sie begrenzt uns auch, da sie mit Daten arbeitet, die bereits existieren und diese, wenn auch experimentell und vermeintlich kreativ, nachahmend verwendet. Aber auch wir begrenzen die KI, weil wir doch eigentlich viel mehr können, oder? Je nachdem, welche Fähigkeiten man KI unterstellt und mit welchen generierten Ergebnissen man sich zufrieden gibt, muss der Mensch nachjustieren. Generiertes spiegelt nämlich auch unsere Fähigkeiten und Ansichten wider. Ein simpler Prompt, der eine menschliche Idee in Grundzügen verbalisiert und von einer generativen KI weiterverarbeitet wird, führt je nach den von der KI verwendeten Algorithmen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Und: das generierte Ergebnis ist mit hoher Wahrscheinlichkeit so unspezifisch und unvorhersehbar, wie der Prompt simpel ist. Um ein vielschichtiges und interessantes Ergebnis zu erzielen – sofern man das möchte und die KI nicht ausschließlich entscheiden lassen will – braucht es die Verbesserung des Prompts. Zwar können wiederum Tools helfen, den Prompt zu „verbessern“, doch das innere Bild entstammt doch zumindest konzeptionell und visuell verfeinert der Vorstellung des Menschen. Was also ist KI im Kontext der künstlerischen Praxis? Ist KI Autorin oder Werkzeug? Ist KI beides? Womit gebe ich mich zufrieden und was will ich eigentlich verdeutlichen?

Denkt man über das Wesen von KI nach, kann man die Technologie mit dem europäischen Diskurs technischer Weiterentwicklungen versuchen in Verbindung zu bringen. Ergänzt man die Überlegungen noch um die Kunst, scheint sich eine Schnittstelle von KI und den künstlerischen Umbrüchen der klassischen Moderne zu ergeben. Diese Zeit des technischen und gesellschaftlichen Umbruchs war drastisch und weist Ähnlichkeiten zur Schnelligkeit und Bandbreite von mit KI einhergehenden neuen gestalterischen Möglichkeiten auf. Die damaligen Künstler*innen drängte es, Tradiertes hinter sich zu lassen und neue Möglichkeiten des künstlerischen Schaffens zu erforschen. Sie sprengten die Grenzen des bis dahin Bekannten und Akzeptierten. So entwickelte sich in kurzer Zeit eine Vielzahl an Techniken, Stilen und Strömungen, die parallel existierten, interagierten, den Kunstbegriff insgesamt erweiterten und diesen bis in die Gegenwart prägen.

Heute stehen wir an einem ähnlichen Punkt: Die Massifizierung Künstlicher Intelligenz spielt in zahlreichen Bereichen des Alltags eine immer stärkere Rolle, auch in der Kunst. Wo vor über hundert Jahren das Subjekt und seine Vision im Zentrum des künstlerischen Schaffens stand, steht heute eine immer größere Anzahl an Wegen in eine multimediale, digitale Zukunft der Kunst, die die Grenzen zwischen Kunstschaffenden, Werkzeugen, Techniken und Werken aufweicht. Ist die algorithmische Arbeit von KI die neue Pluralität der künstlerischen Gegenwart? Wo beginnt Nachahmung, Abkehr, Kreativität und Autor*innenschaft?

An diese Schnittstelle knüpft unsere Ausstellung thematisch an, indem sie neue Möglichkeiten der künstlerischen Auseinandersetzung unter Eindruck von KI in sechs Projekten erforscht und veranschaulicht und dabei immer wieder auf Werke der klassischen Moderne Bezug nimmt: seien es die gehäkelten Werke der Bauhauskünstlerin Stölzel, die abstrakten Formen Hilma af Klints oder bekannte Werke von Picasso, Matisse, Miró und Malewitsch.

Wir laden Sie und euch ein, unsere Auseinandersetzung im Rahmen unserer Ausstellung “(AI)vantgarde” zu erleben.