Schloss
50 × 75 × 10 mm
Schlosskörper: massives Messing, Bügel: gehärteter Edelstahl
Fundort: Meißner Straße
gefunden am : 17.04.2012
Das Schloss der Marke „ABUS“ (August Bremicker und Söhne) trägt die Nummer 85/50 und die Aufschrift „LOCK Co. GERMANY“. Auf dem Bügel steht der Schriftzug „HARDENED“. Das Objekt wurde aufgesägt und weist Spuren eines dazu verwendeten Werkzeugs auf.
Die Firma ABUS preist seine Ware wie folgt an: „Markenprodukte von ABUS stehen weltweit für Sicherheit. Sie bieten Menschen persönlichen Schutz und sichern Ihr Eigentum. Ob zu Hause oder unterwegs – ABUS Produkte haben das Ziel, Ihnen das gute Gefühl der Sicherheit zu geben.“. Auf der Homepage des Betriebs können mögliche Einsatzgebiete der Fabrikate nachgelesen werden. So dient das Service-Schloss 85/50 zur „Absicherung von größeren Werten/Gegenständen oder bei hohem Diebstahlrisiko“. Mehrere Testsiegel weisen auf die hohe Sicherheit hin, die mit diesem Schloss erreicht werden kann.
Solche Marketingstrategien verlieren durch die offensichtliche Zerstörung des angepriesenen Produkts stark an Glaubwürdigkeit.
Das aufgebrochene Schloss spiegelt für mich den vergangenen, zum Teil noch derzeitigen Ruf des Stadtteils Neustadt wider.
Viele Menschen sprechen in Verbindung mit Neustadt von hoher Kriminalität und von verbreitetem Drogenkonsum. Sie sehen die vielen leerstehenden und teilweise besetzten Häuser. Dies verbreitet Unsicherheit unter den Bewohnern Leipzigs. Einige Menschen meiden Neustadt und sehen kein Entwicklungspotential. So spricht Gerda S. in einer Befragung zum Thema Neustadt – was ist das? : „Neustadt? Das ist doch da bei der Eisenbahnstraße. Nee – da bin ich nie. Warum auch? Meinen Enkeln sag ich immer: ‘Geht da im Dunkeln ja nicht lang! Da klauen sie dir alles, was auch nur halbwegs etwas taugt! ’ Das war schon immer so.“. Auch die Medien unterstützen das negative Bild des historisch bedeutsamen Viertels. So wurde am 27.01.2007 die FokusTV-Reportage „Prekariat Ost – Im Osten nichts Neues“ ausgestrahlt und berichtete ausschließlich von Drogen, Prostitution und ähnlichen anprangernden Themen. Doch dass zu Neustadt weit mehr als nur ein Stück Eisenbahnstraße gehört, dass es einen eigenen Markt mit einer eindrucksvollen historischen Kirche besitzt und eine weitreichende Geschichte, wissen viele nicht. Dies soll in Zukunft anders werden.
Neustadt wurde geprägt durch die starke Zuwanderung junger Menschen mit Migrationshintergrund in den 50er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Heute nennt die Stadt dies „einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der demographischen Situation“ und will sich für ein integrationsförderndes Umfeld einsetzen. Die Stadt Leipzig verfolgt seit Mai 2009 das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (SEKo) mit dem Motto „Leipzig 2020 – Zukunft gestalten“, durch welches auch der Stadtteil Neustadt gefördert werden soll. Das Konzept bildet nicht nur einen Orientierungsrahmen für die Entwicklung der gesamten Stadt Leipzig hinsichtlich verschiedener Punkte wie Wohnen, Wirtschaft, Kultur – sondern rückt vor allem räumliche Handlungsschwerpunkte im Bereich des Sozialen in den Mittelpunkt. Wie auf Karten des SEKo ersichtlich, besteht in dem genannten Stadtteil hoher Handlungsbedarf in den Bereichen Arbeit, Einkommen, Bildung und Teilhabe. Besondere Bedeutung käme dabei „bewohnergetragenen Strukturen sowie der Aktivierung und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern zu“.
Die Bürgerinitiative Neustädter-Markt e.V. setzt sich bereits seit 1990 für die „Erhaltung der wohngebietstypischen Struktur“ in den Gebieten Neustadt-Neuschönefeld ein. Auch die „Unterstützung der Einwohner bei der Wahrnehmung sozialer Belange im Rahmen der Jugend- und Altenhilfe“ hat sich der Bürgerverein zur Aufgabe gemacht. Dabei steht für die Mitglieder Zusammenarbeit an erster Stelle, sowohl innerhalb der Initiative, wie auch mit städtischen Ämtern und Institutionen. Auf der Internetseite erhalten Interessierte einen guten Überblick über die wichtigsten Vorhaben und Projekte des Vereins und wie man sich selbst engagieren kann. Neustädter-Markt e.V. möchte „Überliefertes und Neues sinnvoll vereinen, pflegen und weiterentwickeln. Kenntnis über das Wohngebiet, Verbundenheit mit dem Stadtteil und Verantwortung für dieses sollen in der Bevölkerung geweckt und gefördert werden.“.
Durch diese wertvolle Arbeit und durch die Bemühungen der Stadt wird sich hoffentlich der Ruf Neustadts in der nächsten Zeit bessern und die Bewohner Leipzigs lernen die schönen Seiten des Viertels wieder zu schätzen … „Das gute Gefühl der Sicherheit“.
Quellen
Homepage der Firma ABUS
Integriertes Stadtentwicklungskonzept SEKo
Homepage des Bürgervereins Neustäder-Markt e.V.
FokusTV-Reportage „Prekariat Ost – Im Osten nichts Neues“
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Autor
Anne Bastl