Weltraumphilosophie

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Dass das Universum unendlich zu sein scheint, ist keine neuartige Annahme. Seit Tausenden von Jahren spukt dieser Gedanke in den Köpfen der Naturwissenschaftler, Theologen, Philosophen und Kosmologen umher und so mancher hat sich daran versucht, sie zu verstehen, zu entdecken oder gar zurechtzustutzen.

Wenn wir uns zum Beispiel eine unendlich große Zahl versuchen vorzustellen, neigen wir dazu, einfach an eine riesengroße Zahl zu denken, eine Zahl, die ein klein wenig größer ist als die größte Zahl, die uns bekannt ist, ein wenig jenseits unserer Reichweite –  ungefähr wie das Ende eines Regenbogens. Der Verstand stößt an seine Grenzen, wenn er versucht, sich die Unendlichkeit auszumalen, zumal die Unendlichkeit keine Grenzen zu haben scheint.
Die heutzutage verbreitetste wissenschaftliche Theorie ist daher auch eine, die dem Universum die Unendlichkeit entsagt, es ist die Rede von der Stringtheorie, die die Unendlichkeit innovativ anhand von Renormierung zu umgehen weiß. Das rührt aus der Angst, auf dem Weg zur Wahrheit – das Aufstellen einer „Weltformel“ oder dergleichen – auf eine Sackgasse in Form von unendlichen Größen zu stoßen. Dem gegenüber stehen die Wissenschaftler, die die Unendlichkeit nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung verstehen wie in der „Big-Bounce-Theorie“, die von Abhay Ashketar und Martin Bojowald aktuell vertreten wird. Hierbei geht man davon aus, dass der Rückprall beim Zerfall eines vorangegangenen Universums ein neues erzeugt und expandieren lässt. Das Problem dabei ist jedoch, dass sich zwei komplementäre Teilcheneigenschaften anhand der Unbestimmtheitsrelation nicht genau bestimmen lassen, was im Fall von zyklischen Universen der Ort und der Impuls, also die Wucht des Rückpralls, wären. In Kombination mit philosophischen Auffassungen, erreicht das Ganze seinen Höhepunkt und lässt Ungenauigkeiten verblassen: Nach Friedrich Nietzsches Gedanken der „Ewigen Wiederkunft“, der erstmals in seinem autobiographischen Werk „Ecce Homo“ auftauchte, ist wie in den zyklischen Universen alles schon einmal dagewesen und nichts ist original. Jeder hat nicht nur einen Doppelgänger, sondern unendlich viele, was dazu führt, dass jede erdenkliche Alternative der eigenen Existenz ebenfalls real ist (ehe man aber einen davon trifft, muss man erstmal über 13,819 Milliarden Lichtjahre an den Rand unseres sichtbaren Universums reisen).
Darüber hinaus kann dieser Gedanke sowohl unwahrscheinlich pessimistisch als auch lebensbejahend aufgefasst werden: Wenn ich unendlich oft im Universum existiere und jede Handlungsmöglichkeit von mir ausgeführt wurde, ausgeführt wird und ausgeführt werden wird, wie kann ich dann sicher sein, dass die Entscheidungen, die ich in diesem sichtbaren Universum treffe, die richtigen sind? Mal ganz davon abgesehen, dass Jesus seine Kreuzigung ebenfalls unendlich oft erlebt und von Hitler möchte ich gar nicht erst anfangen. Auf der anderen Seite gibt es mir die Möglichkeit durch die endlose Wiederholung meines Verhaltens mir über dessen Wert und Unwert bewusst zu werden. In wie vielen Leben handele ich ebenso wie in diesem? Und wenn ich in vielen Leben so handele, ist es dann eine gute Entscheidung? Für Nietzsche ist vor allen das Begreifen dieser Nichtigkeit der eigenen Existenz zentral, er spricht vom „Übermenschen“, der das zu begreifen und stemmen vermag. Neben zahlreichen philosophischen Deutungen, findet man auch einen Ansatz in der Populärkultur zur philosophischen Ewigkeit der Welt. In Stanley Kubricks fast stummen Vorreiter des Science-Fiction-Genres „2001 – Odysee im Weltraum“ wird die Transformation zum Übermenschen und der Zyklus einer Existenz metaphorisch in ein zugängliches Format gebracht.

 

Anna Kramer

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Quellen:
John D. Barrow: „Einmal Unendlichkeit und zurück“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2008
http://vicenteluismora.blogspot.de/2011/08/
Musikquelle: „Richard Strauss: Also sprach Zarathustra“ by Kevin MacLeod
http://freemusicarchive.org/music/Kevin_MacLeod/Classical_Sampler/Also_Sprach_Zarathustra
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