Madonna Immaculata, Keramik in Holzoptik, 12x6x6cm
Vom Götterkult zum Vatikan – der Übergang vom Heidentum zum Christentum
Die europäische Antike – griechische Philosophie, Aquädukte, Götter und Heldensagen, Demokratie, das Kolosseum, die „Laokoon“-Statue. Die Errungenschaften dieser Epoche scheinen endlos zu sein. Die Werte und Kulturgüter unserer westeuropäischen Gesellschaft ruhen zu einem großen Teil auf ihren Säulen und spätestens seit der Renaissance war die Beschäftigung mit dem römischen und griechischen Altertum essentieller Bestandteil akademischer Disziplinen. Doch das Thema der Antike zieht auch die Frage nach ihrem Ausgang nach sich. Wenn die Gesellschaften der Antike so fortschrittlich gewesen sind, wie lässt sich ihr politischer Untergang und die Hinwendung zum Christentum erklären?
Noch in den Jahren 303-305 unserer Zeitrechnung erlebte die Verfolgung von Christen im Römischen Reich einen ihrer Höhepunkte. Die Kirche war vielen römischen Kaisern ein Dorn im Auge, unter anderem wegen ihres Boykotts gegen die Rekrutierung von Soldaten. Auch die römische Bevölkerung begegnete der neuen Bewegung mit Misstrauen und teilweise mit gewalttätigen Ausschreitungen. Zur Zeit von Kaiser Aurel wurde christlichen Gruppen sogar die Schuld an der Pestepidemie gegeben, mit der Begründung, dass die den Zorn der Götter auf sich gezogen hätten. Tausende christlicher Märtyrer wurden hingerichtet und Mitglieder der Geistlichkeit hatte enorme Verluste zu verzeichnen. Noch waren es keine systematischen oder vom Staat in Auftrag gegebenen Verfolgungen in diesem Sinne, sondern blieben vereinzelt und örtlich begrenzt.
Dies änderte sich jedoch unter Kaiser Decius in den Jahren zwischen 249 und 251, der das wachsende und gut organisierte Christentum mit einer durchdachten Taktik zu bekämpfen versuchte: er ordnete eine für jeden Bürger verpflichtende öffentliche Opfergabe an die Götter an und dokumentierte dessen Darbringung minutiös im ganzen Land. Dies sollte die christlichen Gemeinden von innen zersetzen, von denen man glaubte, dass auch nur die kleinste Abwendung vom eigenen Glauben als Sakrileg und größte Sünde galt. Obwohl diese Maßnahme der Kirche einen erheblichen Rückschlag versetzte, schaffte Decius es nicht, die Gemeinschaft auszumerzen. Die Verfolgungen ebbten nach seinem überraschenden Tod wieder ab um von Kaiser Diokletian wieder zuzunehmen,
Die Kehrtwende vollzog sich schließlich unter Kaiser Konstantin im Jahr 312 mit dem sogenannten „Mailänder Toleranzedikt“ – es gewährte Christen Religionsfreiheit und ebnete den Weg zur Staatsreligion. Konstantin erhob Bischöfe in bedeutende weltliche Ämter und überließ dem christlichen Klerus sogar die Erziehung seiner Söhne. Obwohl eine tatsächliche Faszination des Kaisers für diese neue Religion nicht abzustreiten ist, war es wohl eher die politische Macht des Christentums, die die sogenannte „Konstantinische Wende“ begründete. Die christliche Kirche erfuhr nicht nur enormen Mitgliederzuwachs, sie war auch hervorragend organisiert und stand dem Wissensstand des römischen und griechischen Kulturfundus mittlerweile in nichts nach. Diese neue Religion passte auch zum allgemeinen Zeitgeist des Wandels und des Aufbruchs, außerdem beeindruckte ihre Prinzipientreue und den unerschütterlichen Glauben an das Heilsversprechen. Auch die Nächstenliebe als Selbstzweck war ein völlig neues Konzept und die organisierte Armenfürsorge beeindruckte nicht wenige Teile der Bevölkerung. Das Heidentum hingegen schien veraltet und unvorbereitet auf die neuen Anforderungen der Zukunft zu sein. 330 folgte die Gründung der Stadt Konstantinopel – dem heutigen Istanbul –, die im Gegensatz zu Rom gänzlich auf heidnische Kultstätten verzichtete und eindeutig christlich ausgerichtet war. Von nun an war die Kirche dem alten Heidentum mindestens gleichgestellt, wenn nicht sogar überlegen. So läutete die Konstantinische Wende das Ende des Vielgötterglaubens ein und markierte den Übergang zur mittelalterlichen Symbiose von Kirche und Staat.
Quelle: Moeller, Bernd: Geschichte des Christentums in Grundzügen (2008)
Hier findet ihr eine Infografik (PDF), die den Einflüss bedeutender Kaiser auf die Religionspolitik des Römischen Reiches zusammenfasst:
Römische Kaiser und ihre Religionspolitik
Wenn euch das Thema näher interessiert schaut doch auf der Webseite „Vom Götterkult zum Vatikan“ vorbei: