Manschettenknopf

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Völkerschlacht 1813 / 1913 / 2013

Manschettenknopf

Größe: 1,8 × 3,5 × 0,4
Material: Messing
Fundort: Leipzig, Karl-Heine-Straße
Funddatum: 17. April 2013

Manschettenknöpfe werden heute zu Anzügen jeglicher Form getragen und bis heute nicht von Jedermann. Wenn sie nicht als Würdenzeichen getragen werden, lassen sie würdiger erscheinen. Wir messen mit ihnen seinen Träger in eine Position höherer Verantwortung. Inwieweit dieses Maß Realität ist spielt dabei keine Rolle. Symbole sind die Kennungen allgemeiner Denkkonstrukte, sie mindern das Risiko und halten die Ordnung.

Der Manschettenknopf
In diesem Semester beschäftigen wir uns, an seinem doppelten Gedenken, mit der Völkerschlacht zu Leipzig und in mir wächst die Frage wie viel unterschiedliche und auch ähnliche innere Bilder zu diesem Thema und seinem Denkmal in Leipzig aufkommen. In der Schlacht sind im Gefecht, an ihren Verletzungen, durch Krankheit und Hunger über 100 000 Menschen gestorben. Ihr Gedenken steht, gebaut aus Beton und Vulkanstein, am Ende der Straße des 18. Oktober. Nicht nur als ein Teil der Befreiungskriege, Niederlage Napoleons, politische „Rückwende“ für Frankreich und auch als eine der verlustreichsten Schlachten Europas, findet dieses Ereignis viele Interessenten. Jährlich wird in Leipzig die Völkerschlacht als Spiel nachvollzogen, hier kann man alte Uniformen und Kriegsmanöver im Durcheinander der Geschütze bestaunen.

Auf der Suche nach neuer Literatur im Buch- und Antikladen an der Karl-Heine-Straße, habe ich in einer alten Pappschachtel neben anderem Tinnef auch diesen einzelnen Manschettenknopf gefunden. Sofort hat mich das Ding an die Manschetten der Militärröcke erinnert, die von den Soldaten in der Völkerschlacht getragen wurden. Der Knopf ist etwas größer als ein gewöhnlicher Hemdknopf. Die Knopffläche ist kreisförmig und hat einen Zierrand. An dem krummen Steg lässt sich an einem Sattelgelenk ein kleines Oval hin und her bewegen das auf der Innenseite des Hemdes die Manschette zusammenhalten muss.
Schnell fand ich heraus, dass an den Manschetten oder Aufschlägen der Uniformröcke keine Manschettenknöpfe sondern Ösen- oder Zierknöpfe angebracht waren, welche je nach Farbe unterschiedliche Ränge markierten. Zwar gab es Manschettenknöpfe seit Mitte des 18. Jahrhunderts doch hatten sie in der Völkerschlacht um Leipzig keine tragende Rolle in der Uniformausstattung. Erst in den 1850er Jahren kam der Manschettenknopf mit seiner maschinellen Herstellung allgemein in Mode.
Manschettenknöpfe werden heute zu Anzügen jeglicher Form getragen und bis heute nicht von Jedermann. Wenn sie nicht als Würdenzeichen getragen werden, lassen sie würdiger erscheinen. Wir messen mit ihnen seinen Träger in eine Position höherer Verantwortung. Inwieweit dieses Maß Realität ist spielt dabei keine Rolle. Symbole sind die Kennungen allgemeiner Denkkonstrukte, sie mindern das Risiko und halten die Ordnung.
Zur Differenzierung und als Kennung der militärischen Ordnung im Krieg, dienten die Uniformen und ihre Rangzierungen den Soldaten. Der Manschettenknopf, der als Zierwerk und modisches Statement in der Politik, der Wirtschaft und beim Militär Ehr- und Würdenträger kleidet, kann hier ein Symbol für Etikette und Rangordnung sein.

Das Kriegspathos ist auch eine Gedankenordnung welche in ihrer geschichtlichen Entwicklung verschiedene Gesichter trug. Eroberungskriege führten für territoriale Ausdehnung die Idee des Heldentums und der Vaterlandstreue an, wie auch 1813. Hundert Jahre später erweiterte sich diese Haltung zum Krieg als die Ebnung zum Fortschritt. Zerstörung bereitete den Neuaufbau vor. Heute wird Krieg weit der weltpolitischen Einflussgebiete geführt. Er wird meistens auf heimatlosem Terrain ausgefochten. Soldaten sind nun mehr die Polizei der Weltpolitik die in besetztem Gebiet für Ordnung sorgt. Das Chaos Zerstörung bekommt mit immer mehr ausgefeilter Technik und spezifischer angelegten Kriegswaffen eine Ordnung. Für das Militär funktioniert das Töten nun geschützter, sicherer und kalkulierter. Mit der Endindividualisierung der kriegerischen Mittel und Tötungswege blieb das Kriegspathos in der Geschichte hängen. Gern lässt man ihn zum Gedenken wieder aufleben, wie auch Leipzig in diesem Jahr zum doppeltem Jubiläum der Völkerschlacht „Leipzig. 1813-1913-2013. Eine europäische Geschichte“ den Gefallenen gedenken möchte und gleichzeitig zum touristischen Erlebnis, mit dem Nachstellen der Schlacht, wird.

Das Monument strahlt mit seiner Größe Beständigkeit und Ruhe aus. Es soll der Toten letzte Ruhestätte sein. Die steinernen Kriegstugenden dösen in Zeiten des Friedens und die Wächter halten die Stellung. Das Jubiläumsspektakel scheint sie nichts anzugehen.

Literaturverzeichnis
Gleisberg, Dr. Dieter, Börner, Karhl-Heinz, Kretzschmar, Kalr-Heinz: 1813, Die Zeit der Befreiungskriege und die Leipziger Völkerschlacht in Malerei, Graphik, Plastik. Museum der bildenden Künste, Leipzig 1989

Friedrich, Wolfgang: Die Uniform der königlich sächsischen Armee 1810 – 1867. Sächsische Militärgeschichte e.V., Dresden 1997

Kuczynski, Jürgen: Geschichte des Alltags des deutschen Volkes, Band 3, 1810 – 1870, Papy Rosa Verlag, Köln 1996

Links
http://www.grosser-generalstab.de/tafeln/knoetel.html
http://www.historischer-bilderdienst.de/deutschland/brandenburg-und-preussen/lezius-knoetel-das-alte-und-das-neue-heer.php

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Autor
Hendrikje Streiter

Völkerschlacht 1813 / 1913 / 2013