Das Konzept

Kunstproduktion und Rezeption im kunstpädagogischen Kontext

Ein Modul der Außerschulischen Kunstpädagogik, 2. Semester
Leitung: Verena Landau/Prof. Frank Schulz
Sommersemester 2015

In der zweiten Etage des Haus 27 werden Ergebnisse des Moduls Kunstproduktion und Rezeption im kunstpädagogischen Kontext gezeigt. Das Modul besteht aus der Übung »Bildnerische Vorbereitung der kunstpädagogischen Praxis«, geleitet von Verena Landau und einer Vorlesung mit seminaristischem Anteil, gehalten von Prof. Frank Schulz. In der Übung stand in diesem Sommersemester das Thema der ERINNERUNGSRÄUME im Zentrum. Wer kennt das nicht? Man betritt einen RAUM und plötzlich wird
eine Erinnerung an etwas ausgelöst. Welche Rolle spielt FARBE in der wahrgenommenen Atmosphäre? Erinnert uns das BILD, in das wir eintreten, an andere schon gesehene BILDER? Ausgehend von einem Raum und einer Erinnerung konnte ein Bildfindungsprozess beginnen
– der Prozess der Transformation eines fotografischen Bildes zur Malerei. Die Übung bot die Möglichkeit, zeichnerische Grundlagen des Studiums der Figur und der Perspektive zu vertiefen und miteinander in Beziehung zu setzen. Die Wechselwirkung verschiedener Medien wie fotografisches und filmisches Bild, Projektion, Fotoübermalung
sowie Collage und Montagetechniken dienten als einzelne Schritte der Bildfindung. In diesem Semester stand die Übung in besonderem Zusammenhang mit dem Blockseminar
von Prof. Frank Schulz. Die Gestaltungsprinzipien RAUM, FARBE, BILDWELT waren die drei zentralen Themen der Vorlesung und diese wurden in der »Bildnerischen Vorbereitung« in der Praxis erprobt. Für diese Ausstellung wurden in neun Räumen interaktive Stationen zu den verschiedenen Gestaltungsaspekten entwickelt. Die DEMONSTRATIONSRÄUME machen die bildnerischen Gestaltungsprinzipien reflexiv- objekthaft präsent und individuell-gestalterisch erlebbar.

Demonstrationsräume

Das Prinzip Raum verweist zunächst einmal auf eine Praxis in der Kunst des 20. Jahrhunderts jenseits der gewohnten Umgangsweise mit vom Menschen gebauten und eingerichteten Räumen, die zum Wohnen, zum Arbeiten, zur Erholung usw. dienen und damit einen bestimmten Zweck erfüllen. In der zeitgenössischen Kunst werden Räume selbst zu Kunstwerken und bringen – wie ein Gemälde oder eine Grafik – das Weltverhältnis ihres Schöpfers zum Ausdruck. Seit den späten 1950er-Jahren sind es sogenannte Environments – dreidimensionale Kunstwerke – die ganze Einrichtungen umfassen. Später setzt sich für Raumkunstwerke zunehmend der Begriff Installation durch, wobei die Betonung darauf liegt, dass die Künstlerinnen und Künstler nicht nur eigene „Kunsträume“ schaffen, sondern mit künstlerischen Mitteln auch auf vorhandene Räume reagieren (vgl. Kirschenmann/ Schulz 2004, S. 96 ff.). Überblickt man diesbezüglich die installativen Formen der modernen Kunst, so zeigt sich schnell, dass diese höchst differenziert in Erscheinung treten. Es ist ein Verdienst des griechischen Kurators und Kunstwissenschaftlers Sotirios Bahtsetzis, erstmals die Spezifik und Geschichte der Installationskunst in ihren differenzierten Erscheinungsformen dargestellt zu haben (2006). Dabei hebt er neben vielen anderen Formen auch den Demonstrationsraum hervor, der in der bisherigen Kunstrezeption so gut wie keine Beachtung fand. Er bezieht sich hier auf den russischen konstruktivistischen Künstler El Lissitzky, der als Vater einer „demonstrativen“ Raumkunst gelten kann. Lissitzky entwickelt sie im Zusammenhang mit der Präsentation seiner PROUN genannten und aus abstrakten Form- und Farbelementen bestehenden Gemälde (Proun = Wortschöpfung aus abgekürzten Wörtern und übersetzbar mit »Für die Bejahung neuer Formen in der Kunst«, vgl. Lissitzky-Küppers 1976, S. 348 ff.).
Hier präsentiert er seine Bilder nicht in konventioneller Hängung, sondern in Bezug auf den Raum – anders gesagt, der Raum wird zur Fortführung seiner Bilder. Zugleich bringt Lissitzky quasi seine als Konzept bzw. Theorie vertretenen Positionen zur Anschauung (zur »Vorführung «) (vgl. Bahtsetzis 2006, S. 157). Sein Raum lässt sich also nicht auf einen Ausstellungsraum reduzieren. Lissitzky selbst spricht ausdrücklich von einem »Ausstellungs Schau-Raum, für mich also Demonstrationsraum« (in: Lissitzky-Küppers 1976, S. 365). Bahtsetzis sieht darin vor allem, dass die bildimmanente Thematik um die Art der Präsentation erweitert wird und somit die frühe Vorwegnahme dessen ist, was sich später zur ganz eigenständigen Kunstform der Installation entwickelt (Bathsetzis 2006, S. 158). Man kann aber gerade in Lissitzkys Demonstrationsräumen auch eine spezifische Synthese von künstlerisch-praktischen und reflexiv-theoretischen Ergebnissen seiner Arbeit sehen: Er führt sein künstlerisch-praktisches Handeln ebenso vor wie sein (kunst-)theoretisches Denken – offen für die aktive Präsenz der Ausstellungs-, besser der Vorführungsbesucher. Am Institut für Kunstpädagogik der Universität Leipzig haben derartige Demonstrationsräume im Rahmen anschaulich vermittelter Kunsttheorie – z. B. erfahr- und erlebbar gemachte Aspekte der künstlerischen Produktion wie Darstellung, Komposition, Proportion und Bewegung – ebenso eine Tradition wie in Verbindung mit konzeptueller und kontextueller künstlerischer Praxis. Auch Farbe kann dabei zum eindrucksvollen Demonstrationsmittel
werden.

Prof. Dr. Frank Schulz