Archiv der Kategorie: Haus 27

Eröffnung Kunstfest Neustadt und Führungen durch die Ausstellung im Haus 27

Samstag, 04.07.

12:00 • Schulze-Delitzsch-Straße 27
Eröffnung Kunstfest Neustadt
mit Henry Hufenreuter (BV Neustädter Markt), Verena Landau (Institut für Kunstpädagogik), N.N., Kulturamt der Stadt Leipzig, Stefan Kausch (Projektleiter/kritischer Kurator Kunstfest Neustadt) sowie vielen beteilgten Künstler_innen.

14:00 • Schulze-Delitzsch-Straße 27
Führung durch die Ausstellung »Wer ist diese Stadt?«
mit Sarah Fromm, Elisabeth Ludwig und Dörte Rutsch

Sonntag, 05.07.

14:00 • Schulze-Delitzsch-Straße 27

Führung durch die Ausstellung »Wer ist diese Stadt?«
mit Sarah Fromm, Elisabeth Ludwig und Dörte Rutsch

Samstag, 11.07.

14:00 • Schulze-Delitzsch-Straße 27

Führung durch die Ausstellung »Wer ist diese Stadt?«
mit Sarah Fromm, Elisabeth Ludwig und Dörte Rutsch

Vergessen erinnern

Amelie Schwermer

Verblassen, Überlagern – Vergessen. Was eben noch ganz nah war, ist im nächsten Moment – in der nächsten Stunde, Dekade – weit fort.

Der Prozess des Vergessens wird in diesem Konzeptraum mit allen Sinnen erfahrbar: zwischen den weißen Tüchern begegnen dem Betrachter Schatten, es öffnen und schließen sich Wege, das Licht verändert sich Schritt für Schritt. Der leichte Stoff umschließt den Betrachter in der scheinbaren Geborgenheit der eigenen Erinnerung.

Dem Konzept liegen die zwei am meisten verbreiteten Theorien über das Vergessen zugrunde. Es wird angenommen, dass Erinnerungen mit der Zeit verblassen und schließlich verschwinden. Andererseits wird vermutet, dass zurückliegende Erinnerungen von neuen überlagert werden und deshalb in den Hintergrund rücken.

Im Raum sollen allerdings keine Antworten gefunden werden, es geht um das Erfahren und bewusste Wahrnehmen der Dinge, die eigentlich nicht mehr in unserem Bewusstsein sind.

 

Tauschgeschichten

Sarah Koplin

Die Idee meines Projektes besteht darin, verschiedene Menschen um einen Tausch mit mir zu bitten. Ich beginne mit einer kleinen Geschichte/ Erinnerung über einen Gegenstand, und möchte, dass mein Tauschpartner mir ebenfalls eine Kleinigkeit gibt, an der eine Erinnerung hängt und mir diese erzählt. Die Geschichte/Erinnerung werde ich mit einem Aufnahmegerät festhalten. Ich erzähle meinem Tauschpartner immer die Erinnerung seines Vorgängers, sodass eine Erinnerungskette entsteht. Die Gegenstände jedoch, werde ich behalten und in dem Raum ausstellen/aushängen, die Tonaufnahmen werden abgespielt. Zuerst sollen die scheinbar unscheinbaren Dinge in dem Raum gesehen – und dann ihre einzelnen Erinnerungen gehört werden. Ich bitte um eine vergegenständlichte Erinnerung. Ein trivialer Gegenstand kann eine große Bedeutung haben oder eine Erinnerung hervorrufen. Dabei bemisst sich der Wert des Gegenstandes nicht nach Materiellem, sondern an der Geschichte die daran hängt. (Erinnerungsstücke) Eine neue Kommunikationsebene wird geschaffen durch die zufällige Begegnung mit Menschen in Leipzig, aus der eine persönliche Erinnerung erwächst. Vielleicht wird das Leben der Leute in Leipzig über die kleinen Dinge erzählt, vielleicht sagt eine persönliche Geschichte in einem Gegenstand etwas über den Menschen dahinter. Ich denke, dass der Blick auf die kleinen unscheinbaren Dinge spannende Geschichten über Menschen verbirgt. Ich bin interessiert an den kleinen und großen Geschichten. Ich fi nde es spannend auf fremde Leute zuzugehen und um eine Erinnerung zu bitten, die getauscht/weitergegeben wird. Was passiert da? Für meinen Raum verwende ich nur die Aufnahmen und die Gegenstände, welche entweder bedeutungsaufgeladen präsentiert werden oder unscheinbar von der Decke hängen.

Abdruck der Zuchtmeister – Wandel der Erinnerungskultur

Kinga Bartczak

Die Fotografie, ein hochwertiges Medium zu Speicherung von Ereignissen und somit Erinnerungen. Mithilfe der Medienrevolution steht die Erinnerungskultur in einem ganz neuen Kontext. Ein Fotoapparat wurde früher bei durchschnittlichen Familienverhältnissen nur zur besonderen Anlässen verwendet, denn jedes Bild kostete Geld. Heute werden Erinnerungen als digitalisierte Datenmengen in Gigabytegrößen auf Festplatten archiviert. Bilder werden nicht gelöscht, nicht sortiert. Wir greifen zu so leicht zugänglichen Aufnahmegeräten, digitalisieren unser Leben und veröffentlichen private Fotoalben ohne Scheu. Wir hinterlassen Spuren, die mit unseren Vorgenerationen nicht vergleichbar sind. Allein bei Facebook werden 1,8 Mrd. Fotografien täglich hochgeladen. Wir züchten Erinnerungen und zwar in Massen. In größeren Dimensionen gedacht, ist die fotografische Erinnerung auch die Spur der Gesellschaft, ein Abdruck ihrer Vergangenheit und Identität. Doch welche Identität übertragen die spontanen Essens-, Selfie- oder Katzenaufnahmen? Die ausgestellten Handyfotografien sind Ergebnisse der partizipatorischer Aktion im Bezirk und stammen von den Passanten des Leipziger Ostens. Die Partizipation als Direktdruck vom Mobiltelefon.

Erinnerung als metamorphes Phänomen

Laura Fischinger

Zuhören – Zeichnen – Umdrehen – Weitergeben – Anschauen – Umdrehen – Zeichnen – Umdrehen – Weitergeben…

Wie wandelt sich eine Erinnerung wenn sie in verbaler Form geäußert, dann zeichnerisch umgesetzt und erneut durch die Erinnerung wiedergegeben wird? Wann wird eine individuelle zur kollektiven Erinnerung? Den künstlerischen Impuls bildet eine persönliche Erinnerung. Durch Einbeziehung der bereits bestehenden Methode des Zeichenspiels (in Anlehnung an »Stille Post«) wird es möglich, zu visualisieren, wie Gesehen und Erinnert wird. Das Bildmotiv ist in ständiger Veränderung – Metamorphose – Verwandlung. Exakte Ausarbeitung spielt dabei keine Rolle. Es werden sowohl Arbeiten gezeigt, die bereits entstanden sind, und gleichzeitig wird dazu angeregt, selbst den Stift in die Hand zu nehmen und eine weitere Arbeit hinzuzufügen. Im Rahmen der Kunstwoche soll der Raum mit verschiedensten Erinnerungsmetamorphosen gefüllt werden.

The Sound of Memory. Wie klingt Heimat?

Melanie Piroschik

»Was ist Heimat? Woran erinnerst du dich, wenn du an Heimat denkst? Wie klingt Heimat?«
Aus der Idee einfach mal keine Politik betreiben zu wollen, ist die Idee entstanden ganz unpolitisch zu singen. Aus der eigenen Herkunft die Idee, so viele Kulturen wie möglich einzufangen. Aus dem eigenen Unwissen, was genau jetzt Heimat ist – die Idee, einfach nachzufragen. Und weil ich Musikerin bin, ist es eben Musik geworden und nicht Worte.
«Sing mir bitte ein Lied aus deiner Heimat vor.”
«Singen?”
«Ja, singen.”
Heimat ist Erinnerung und Erinnerung ist meist mit Musik verbunden. Musik kann in uns längst verlorene Momente wecken. Lieder können uns aber auch an Dinge erinnern, die wir nie kannten. Es gibt Musik, die in uns etwas rührt, das nicht erklärbar ist. Die Musik aus der Kindheit der Eltern. Aus der Kindheit unserer Großeltern. Oder Musik aus einer fremden Kultur, die uns plötzlich wie unsere Eigene erscheint. Und wenn wir dann noch erfahren, worüber sie handelt, dass alle Lieder aller Kulturen dieselben Themen haben – dann gibt es plötzlich keine Grenzen mehr.
«Können Sie mir sagen, worüber dieses Lied handelt?”
«Um Liebe.”
«Können Sie mir sagen, worüber dieses Lied handelt?”
«Um Liebe. Natürlich.”

Website

Konditorei Höhne – Die offene Konditorei

Milena Sebsatian

Weithin sichtbar ist ihre Reklame, doch aus der Nähe betrachtet, hungrig und in appetitvoller Erwartung, wird man enttäuscht feststellen, dass die Konditorei Höhne in der Hermann- Liebmann-Straße 93 zugemauert ist. Warum musste diese Konditorei schließen? Wie hat es früher darin ausgesehen? Wer ist Konditor Höhne? Die Ausstellung im Haus 27 widmet sich diesen Fragen. Um die Erinnerung an die Konditorei Höhne lebendig zu halten, zieht sie als offene Konditorei auf die Straße. Der Leerstand wird gefüllt mit Backwaren sowie Geschichten der Anwohner_innen und Kunstfestbesucher_innen. Die offene Konditorei lädt als Ort des Verweilens zur Begegnung ein. Rezepte austauschen, voneinander lernen, Leckereien genießen, in Erinnerungen schwelgen – sie lebt von ihren Besucherinnen und Besuchern und kann ohne sie nicht existieren. Doch die offene Konditorei bietet mehr: Beim Backworkshop am 05. Juli kann man mit Konditor Höhne Brötchen im Holzofen backen und Anekdoten aus der Geschichte der Konditorei lauschen. Musikalisch wird es bei der offenen Jamsession am 07. Juli und beim einmaligen Tanzerlebnis auf der Straße am 10. Juli.
Kommt vorbei, nutzt den Leerstand, macht ihn euch zu Eigen und füllt ihn mit Leben!

Wintergarten Lichtspiele – Vergangen aber nicht vergessen

Eva-Maria Schneider, Vera Maria Numberger

Erinnerungen sind Dinge, die uns alle grundsätzlich prägen. Ein geselliger Abend mit Freunden, die traute Zweisamkeit oder gar die erste Runde im eigenen Auto. Unser steter Begleiter ist dabei die Kamera. Mit ihr halten wir das fest, von dem wir glauben, dass es einen ganz bestimmten Wert hat. Hinter jedem Bild, ob bewegt oder unbewegt, verbirgt sich eine Geschichte. Das Wintergartenprojekt bietet diesen Geschichten eine Plattform. So sehr sich Maßstäbe auch verschieben, so wichtig ist es, Vergangenes für die Zukunft zu bewahren. Die vorliegenden Zeugnisse in Haus 27 und der am am 11. Juli um 21:30 Uhr stattfindene Kinoabend vereinen Fotos, Videoaufnahmen und nicht zuletzt die persönliche Erinnerung. Auf diese Weise wird ein Stück der Leipziger Identität in das »Heute« transportiert, das Unvergessen illustriert. Also besuchen Sie und am Abend des 11. Juli in der Eisenbahnstraße 56, genießen Sie Filmvorführung und Live-Musik und treten Sie mit uns in den Dialog.
Ein Kino als Ort der Begegnung.

Memory der Fähigkeiten

Susanne Straßburger, Caroline Kaiser, Caroline Zellfelder

Wer ist diese Stadt? Wer ist insbesondere die Neustadt? Welche Menschen leben hier, welches Potenzial steckt in diesem Viertel? Im Spiel können die im Alltag mehr oder weniger unsichtbaren Fähigkeiten einiger Bewohner sprichwörtlich aufgedeckt werden: Fähigkeiten, die nicht genutzt werden können, weil sie nicht gefragt oder als Beruf ausgestorben sind, als Hobby oder ehrenamtlich ausgeübt werden oder brach liegen, weil ein berufsqualifizierender Abschluss fehlt oder nicht anerkannt wird. Statt zweier identischer Bilder ergeben jeweils eine Kurzbiografie und ein die Fähigkeit andeutendes Foto ein Paar, was natürlich höhere Anforderungen ans Gedächtnis der Spieler stellt. Die konzeptuelle Arbeit wird ergänzt durch die Plattform der unsichtbaren Fähigkeiten – eine Art Tauschbörse für Talente und Kenntnisse aller Art, die im Laufe des Kunstfestes durch Beiträge der Besucher_innen erweitert und zur Vernetzung im Stadtteil genutzt werden kann.

Wie es aussieht. Monumente der Erinnerung

Elisabeth Würzl

Das Wort Denkmal vereint in sich das denken an jemanden sowie den Wunsch ein Mal zu hinterlassen. Ehren und Mahnen vereinen sich häufig im Verlangen ein einmaliges Monument des Erinnerns zu erschaffen und kreieren nicht selten autoritäre Abbilder einer Diktatur, eines nationalen Gedankengutes sowie den Wunsch eine völkische Geschichte zu schreiben, die bis dato noch gar nicht existiert. Wie es aussieht versammelt Denk- und Mahnmäler herrschaftlichen Ausmaßes und stellt sie modernen Formen der Denkmalkultur entgegen. Dazwischen mogeln sich immer wieder absurd fiktive Formen – ob all diese Fotografien reales oder fiktives abbilden und welche Form des der Erinnerung sie verbildlichen wird nicht verraten, sondern fordert die Betrachter_innen auf, Vergleiche anzustellen, eigene Wertungen zu entwickeln und genau hinzusehen. Den Mittelpunkt des Raumes bildet als Abschluss nicht etwa das Modell eines möglichen idealen Baus, das sich von heroischen, gewaltverherrlichenden Formen zu poetischen löst (wie es schon existierende Denkmäler beweisen) – wobei auch hier je nach Zeit immer wieder dieselben Formen von unterschiedlichen Künstler_innen neu arrangiert wurden – sondern der Abguss des Völkerschlachtdenkmals in Kerzenform. Denn nicht nur die Denkmäler selbst erinnern an eine Person oder ein Ereignis, in weiterer Folge gibt es wieder Reproduktionen und Abgüsse, die als handliche Souvenirs mitgenommen werden können. Auch wenn es so absurd und abwegig erscheinen mag wie das in Wachs gegossene Völkerschlachtdenkmal.