Feder

Fundstücke 1000 Jahre Leipzig

Feder
25 x 125 x 1 mm
Naturmaterial
Fundort: Menckestraße 42, Leipzig
Fundatum: 30. Oktober 2002

Ein Erinnerungsstück meines Großvaters. Sein Andenken an sein Vorbild und größte Inspiration. Ein seltsames Ereignis direkt vor seinen Lieblingsort in Leipzig. Sein Schatz – nach meiner Großmutter.

Als ich kleiner war ging ich oft meinen Großvater besuchen, da meine Eltern sehr beschäftigt waren. Ich hab ihn und meine Großmutter sehr lieb. An schönen sonnigen Tagen gehen wir in den Park und machen ein Picknick und lesen ein gutes Buch, das mein Großvater mitbringt. Klingt seltsam, oder? Die meisten von euch würden wahrscheinlich sagen, dass man so schönen Tagen rumtobt und spielt, nicht wahr? Aber wir lieben es, seine Stimme zu hören. Ich kenne keinen, der besser Geschichten erzählen oder vorlesen kann, als mein Großvater. Es kommen immer Leute zu uns, wenn er anfängt zu lesen, vor allem Mütter, die es nicht schaffen ihre Kinder in den Mittagsschlaf zu wiegen. Manchmal liest er uns eine seiner selbst geschriebenen Geschichten vor. Ich hab ihn gefragt, wie er auf die Ideen kommt und wann er sich die Zeit nimmt sie zu schreiben, da ich meistens an seiner Seite bin. Er hat mich nur angelächelt und gesagt, dass wir am nächsten Tag zu einem besonderen Ort gehen würden. Am nächsten Tag brachte er mich zu einem kleinen Haus mit einem Schild, worauf Schillerhaus stand. Wir gingen hinein. Das Innere war mit alten Möbeln versehen. Es war seltsam, obwohl hier sicherlich keiner mehr hier gelebt hat, schien es so, als ob jemand in diesem Haus wär. Ich entdeckte einen kleinen Tisch und sah eine Figur, die aussah als ob sie schreiben würde. Als ich meinen Großvater holen wollte war die Figur plötzlich weg. Ich wunderte mich, was das war und ging zu meinen Großvater um ihm das zu erzählen. Er lächelte mich an und sagte, er habe es auch gesehen als er zum ersten Mal hier war. Ohne dass ich es bemerkte, fingen wir an das Haus zu verlassen. Als wir die Tür hinter uns hatten, kam eine kleine Brise und eine Feder landete sanft vor Großvaters Füßen. Er lächelte wieder und hob sie auf. Als er sie in der Hand hielt, sah er mir in die Augen und sagt, dass er noch einen Ort mit mir besuchen will. Wir gingen nach Hause und er brachte mich in sein Arbeitszimmer. Er ging zu seinen Schreibtisch und öffnet eine Schublade. Eine kleine Schachtel war darin und er legte sie auf den Tisch und öffnete sie. Darin lag eine Feder, die schon ziemlich alt aussieht. Er legte die beiden Federn nebeneinander und setzte sich auf den Stuhl, der daneben stand und winkte mich rüber. Als ich vor ihm stand, packte er mich und setzte mich auf seinen Schoß. Ich fragte ihn, was er mir zeigen wollte und er fing an, mir alles zu erzählen, dass wir heute ins Schillerhaus gegangen waren, damit ich den Ort, an dem sein Vorbild Friedrich Schiller gearbeitet hat, kennenlernte. Dass damals wie heute eine Feder vor seinen Füßen landete und genau das ihn inspiriert hatte, zu schreiben und dass die Leute damals auch mit Federn schrieben. Ich fand es erstaunlich, dass so eine kleine Feder so eine große Wirkung hat.

Bich Thao Van

Fundstücke 1000 Jahre Leipzig