Notiz

Fundstücke 1000 Jahre Leipzig

Notiz
100 x 100 x 100 mm
Papier
Fundort: Fechnerstraße, Leipzig
Funddatum: 21. Mai 2015

Ein vergilbter Zettel – scheinbar unbedeutend und doch bedeutsam! Die Worte darauf stammen von meinem Opa Ernst Eichler. Es handelt sich um Stichworte, die den Irrtum »Leipzig, die Lindenstadt« beiseite räumen. Doch was ist Leipzigs wahre Bedeutung?

Mein Opa war ein bedeutender Professor an der Uni Leipzig. Doch er starb vor fast drei Jahren. Meine Oma war darüber unendlich traurig und weigerte sich, Opas Zimmer in irgendeiner Weise zu ändern. Doch sie war sichtlich überfordert mit Opas Büchern und Eigentümern, daher erlaubte sie ihren Kindern und Enkeln interessante Bücher mitzunehmen, damit sie zumindest »in der Familie blieben«.
Auch ich versprach, mir Opas Bücher anzusehen und staunte nicht schlecht, als ich den Zustand seines Arbeitsraumes sah. An den Wänden standen, überall wo Platz war, Bücherregale mit allerlei Büchern vollgestopft. Meine Oma hatte Mühe, ein System hinter Opas Ordnung zu finden.
Wie erwartet entsprachen Opas Bücher nicht wirklich meinem Geschmack, aber ich blätterte auch in seinen Notizen, weil ich neugierig war, was er an der Uni überhaupt geleistet hatte.
Oma erzählte mir währenddessen von Opas Arbeit: Er war wohl ein bedeutender Namensforscher gewesen, hat sich mit der slawischen Sprache beschäftigt und Bücher über verschiedene Namen geographischer und sächsischer Landschaften verfasst.
Tatsächlich hat sich Opa auch mit dem Namen Leipzigs auseinandergesetzt – in seinen Notizen fiel mir ein vergilbter Zettel mit Postkarten von Leipzig auf: Auf der Rückseite jenes Zettels standen Bemerkungen zur Namesanalyse Leipzigs in Opas Handschrift.
Ich fragte Oma, ob sie etwas von Opas Arbeit bezüglich Leipzigs Namensanalye wisse. »Nichts Genaues« war ihre Antwort, aber sie meinte, dass Leipzig ja als Ort der Linden bekannt ist und Opa versucht hat, diesen Irrtum zu widerlegen. Beim Abschied gab sie mir zwei Bücher mit, die mit von Opa verfasst wurden: »Alt-Leipzig und das Leipziger Land“ und „Sachsen – alle Städtenamen und deren Geschichte« .
So fand ich heraus, dass die Übersetzung »Leipzig« als Ort der Linden nur angeglichen wurde. Im Slawischen bedeutet Linde nämlich »Lipa«- doch laut Opa stammt die älteste schriftliche Schrift über Leipzig von Thietmar von Merseburg, die belegt, dass Leipzig zunächst »Libzi« hieß.
Wenn Leipzig aber nicht Lindenstadt heißt, welche Bedeutendung kann man seinem Namen zuweisen? Opa vermutet, da Leipzig von vielen Gewässern durchflossen wird, dass Libzi der Name eines europäischen Gewässers war (»…muss man mit einer alten Gewässerbezeichnung Lib- rechnen…« (s. S. 82 »Alle Städtenamen und deren Geschichte«).
Teile von Opas Gedankengängen und Untersuchungen hält mein Fundobjekt auf seiner Rückseite fest. Es liegt womöglich seinen Büchern zu Grunde und stammt aus der Zeit seiner Untersuchungen, bevor er die Bücher schrieb!

Gundula Oesen

Fundstücke 1000 Jahre Leipzig