Schraube
Ø 8 × 35 mm
Metall schwarz lackiert
Fundort: Leipzig, Neustadt
Funddatum: 24. Mai 2014
»Es gibt kein zufälliges Treffen. Jeder Mensch in unserem Leben ist entweder ein Test, eine Strafe oder ein Geschenk.« Jeden Morgen wird der Alteingesessene von einem Spruch auf dem Kalenderblatt seines Klages Kalenders begrüßt.
Gedanken eines Mieters …
»Und wieder zieht ein neuer Mieter ein. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass einer ausgezogen ist. Die Nachbarin hörte, dass es aus seiner ehemaligen Wohnung unangenehm gerochen haben soll. Den Vormieter mochte ich. Mit ihm konnte man sich unterhalten und er war unauffällig.«
Erlebnisse eines Mieters…
Drei Tage später klingelte es an seiner Tür. Der neue Mieter wollte sich bei ihm einen Akkuschrauber borgen. In gebrochenem Deutsch versuchte er zu vermitteln, dass er einen Schrank aufbauen müsse und dafür einen Akkuschrauber benötigt. Skeptisch übergab der Alteingesessene seinen Akkuschrauber. Er wollte schließlich einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Als die Tür wieder ins Schloss fiel, plagten ihn Gedanken über sein wertvolles Werkzeug. »Das ist mein einziger Akkuschrauber. Ich weiß noch wie ich ihn bekam. Mein Vater schenkte ihn mir, als ich 18 Jahre alt wurde. Meine Eltern hatten sich damals eine neue Küche gegönnt und ich durfte stolz mit Hand anlegen. Dafür bekam ich ihn. Bisher konnte ich mich immer auf meinen Akkuschrauber verlassen. Und dabei ist er bestimmt schon über zehn Jahre alt. Als ich hier eingezogen bin und die neuen Möbel aufbauen musste, hat er mich nie im Stich gelassen. Was ich schon alles damit gebaut und repariert habe. Ob das jetzt eine gute Idee war diesem fremden Mann meinen Akkuschrauber zu borgen?« Es verging fast eine Woche. Endlich fasste der Alteingesessene Mut. Er wollte unter dem Vorwand, ihn selbst zu benötigen, um seine Herausgabe bitten. Da klingelte es an seiner Tür. Es war der neue Mieter. Er versuchte sich auf Deutsch zu bedanken und überreichte dem Alteingesessenen neben dessen Akkuschrauber noch eine Packung Schrauben.
Schlussfolgerung eines Mieters …
»Da habe ich mir solche Sorgen um meinen Akkuschrauber gemacht! Dabei war es doch viel wichtiger, dass ich diesem Mann mit meinem Werkzeug helfen konnte. Hilfsbereitschaft sollte gegenüber jedem Menschen selbstverständlich sein. Mir wurde bewusst: ›Es gibt kein zufälliges Treffen. Jeder Mensch in unserem Leben ist entweder ein Test, eine Strafe oder ein Geschenk.‹ «
Idee eines Mieters…
Vier Wochen später hing eine Liste im Treppenhaus. Der Alteingesessene hatte allen Mietern im Haus von seiner Erkenntnis berichtet und so kam man gemeinsam auf die Idee, Dinge die man bereit ist auszuleihen auf eine Liste zu setzen. Diese Liste war im Treppenhaus für alle zugänglich und konnte nach belieben ergänzt und geändert werden.
Autor
Tina Müller