Kanne in Form eines Stierkopfes

In der ersten Vitrine befindet sich ein ungewöhnlich aussehendes Gefäß aus gebranntem Ton. Es stammt aus dem 12. Jahrhundert v. Chr. und wurde auf der Insel Rhodos gefunden. Die Kanne besitzt einen zylindrischen Körper. Oben hat es eine trichterförmige Mündung. An der Rückseite des Gefäßes ist ein Henkel angebracht, während sich von den Seiten lange, gebogene Hörer nach oben erstrecken. Dahinter befinden sich kleine gerundete Ohren, aus der Vorderseite ragt ein Maul heraus. Die beiden Buckel an dessen Seiten markieren die Nüstern. Die Gesamterscheinung des Gefäßes erinnert an einen stilisierten Stierkopf, weshalb es auch „Stierkopf-Kanne“ genannt wird. Parallele Streifen und ein Schuppenmuster verzieren die Oberfläche. Besondere Aufmerksamkeit muss der Unterseite gewidmet werden: nicht ganz mittig in ihr befindet sich ein kleines, noch vor dem Brand durch den Boden gebohrtes Loch.

Die außergewöhnliche, sehr zerbrechliche Form sowie das Loch im Boden machen das Gefäß für den täglichen Gebrauch ungeeignet. Es liegt daher nahe, dass die Stierkopf-Kanne mit einer kultischen Handlung in Zusammenhang gebracht werden kann. Um bei den Göttern um einen Gefallen zu bitten oder sich für solchen zu bedanken, opferten die Menschen ihren Göttern. Dafür gab es verschiedene Praktiken, beispielsweise die Libation, das sog. Trankopfer. Der Inhalt der Kanne wird teils über den Altar gegossen, teils auf den Boden. Opferflüssigkeiten konnten sowohl unverdünnter als auch mit Wasser vermischter Wein, Milch oder ein Mix aus Wasser, Wein und Honig gewesen sein. Bei Bestattungsritualen gab es sogar Gefäße ohne Boden, durch die die Opferflüssigkeit direkt in den Boden gelangte.