Tag der Lehre 2020

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Zum 6. Tag der Lehre 2020 an der Universität Leipzig stellen wir Ihnen die Ergebnisse unserer Ausstellung »Zum Greifen nah« auf dieser Website vor. Ziel des Projektes war es einige Exponate des Antikenmuseums für die Zielgruppe der Blinden und Sehbehinderten aber auch für alle anderen BesucherInnen des Museums aufzubereiten. Die Arbeit an dieser Präsentationsform stand also unter dem Motto: Museum für Alle! Das Projekt zeitigte zahlreiche teils überraschende Lehr-Lern-Effekte für die sehr heterogene Gruppe aus Studierenden unterschiedlicher Studiengänge und Jahrgänge, sowie die verschiedenen Fachleute und HochschullehrerInnen. Im Folgenden werden einzelne Komponenten, die zum Gelingen des Projektes beigetragen haben, näher erläutert.

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Stationen

Für verschiedene Themen der im Antikenmuseum präsentierten Exponate wurden exemplarische Stationen eingerichtet, die durch Gruppen von Studierenden der klassischen Archäologie und der Kunstpädagogik, betreut durch die Lehrenden der beteiligten Institute und beraten durch zahlreiche PraxispartnerInnen gemeinsam gestaltet wurden. Hierbei galt es die historischen Fakten sachgerecht und möglichst barrierefrei, für die BesucherInnen aufzubereiten. Die Stationen zeigen ein breites Spektrum von Themen der griechisch-römischen Antike.

Inklusives Kommunikations­design

Die Entwicklung der Ausstellungsgestaltung wurde durch die Beachtung jener gestalterischen Grundlagen bestimmt, die es sehbehinderten Menschen ermöglichen, bestmöglich durch die Ausstellung geführt und über die Exponate informiert zu werden. Dies beinhaltete das Orientierungssystem, die Präsentation der Exponate, die Ausstellungstypografie, die Farbgestaltung und das Webdesign. Dabei wurde sich u.a. an leserlich.info orientiert.

Typografie

Ein grundlegender Bestandteil des grafischen Gesamt-Erscheinungsbildes der Ausstellung »Zum Greifen nah« war die Festlegung und die Verwendung einer einheitlichen Typografie. In vielfältigen Entwürfen probierten die Studierenden unterschiedliche Schriftfamilien, Schriftgrade und weitere typografische Aspekte aus, die im Hinblick auf eine gute Lesbarkeit und inhaltsadäquate Wirkung geeignet erschienen. Für die Gestaltung der einzelnen Stationen, die Website und die verschiedenen Printmedien wurde die Schrift PT Sans ausgewählt.

Link zum Beschriftungs-Guide der Ausstellung

Farbe

Für die Präsentation der historischen Ausstellungsstücke wurden Präsentationssockel und Tische angefertigt, die in einem kräftigen Rot gefasst wurden. Diese Farbe dient in der Ausstellung zur markanten Sichtbarmachung der einzelnen inklusiven Stationen. Zudem kommt sie auf der Website, in den Printprodukten und weiteren Medien der Öffentlichkeitsarbeit zum Einsatz. Hier wird das Gestaltungselement der Farbe zu einem wiedererkennbaren Teil des gesamten Projektes.

Website

Die Website ist ein zentrales Kommunikationsmittel der Ausstellung. An allen Stationen befinden sich QR-Codes, die mittels Smartphone oder Tablet gescannt werden können. Die QR-Codes leiten auf die Website weiter, die mit einem Barrierefreiheitstool ausgestattet ist und bei der grundsätzliche Regeln zur Barrierefreiheit wie die korrekte hierarchische Anordnung der Texte, die Verwendung von Alternativtexten bei den Bildern und die Fassung der Inhalte in verständliche, nicht zu lange Texte beachtet wurden. Die Bildsprache der Website ist sehr zurückhaltend, alle Bilder wurden so aufgenommen, dass sie für viele Zielgruppen barrierefrei sind. Des Weiteren finden sich auf der Website abgelegte Audiodateien, die in der Ausstellung oder von zu Hause abgehört werden können. Die Website kann sowohl beim Ausstellungsbesuch ergänzend für ein multimediales Erlebnis genutzt oder online von einem anderen Ort aus abgerufen werden.

Hören

Auch akustische Erlebnisse gehören zur Ausstellung. Die Texte hinter den QR-Codes lassen sich mittels Screenreader abhören. Über einen QR-Code an der Station des Homer leitet auf die Website mit einer Hörprobe aus der »Ilias«-Erzählung nach dem Originaltext in altgriechischer Sprache. In der Ausstellung gibt es eigens für dieses Projekt entwickelte, experimentelle Hörstücke, die über Kopfhörer erlebbar sind während man durch die Räume des Antikenmuseums wandelt. In einem Museumsreport bekamen BesucherInnen die Möglichkeit, Teil einer akustischen Collage zu werden.

Tasten

Ein bei der Konzeption von Angeboten für die Zielgruppe der Blinden und Sehbehinderten naheliegender Gedanke war die Planung und Realisation von Tastobjekten. Zahlreiche Stationen warten nun mit tastbaren Objekten auf, was für alle BesucherInnern ein faszinierendes Erlebnis verspricht. Antike Plastiken, Werkzeuge oder mythische Figuren können erfühlt werden. Auch ein Architektur-Puzzle wurde durch die Studierenden realisiert.

Zu sehen ist ein Herr der eine Büste ertastet. Gegenüber stehen zwei Studentinnen. Sie schauen nach ihm zu und lächeln. Am rechten Bildrand steht eine weitere Studentin. Sie hält vor sich ein Blatt mit Texten.

Riechen

Nicht zuletzt war es ein Anliegen das vielsinnige Erlebnis des Museumsbesuches, um die olfaktorische Dimension zu erweitern. Bei der Station »Riechen wie die Griechen« wurde dies mittels Duftproben in Tongefäßen realisiert. Diese laden ein den Düften der Antike nachzuspüren. Die BesucherInnen können je nach Belieben ein Gefäß wählen und versuchen zu erkennen um welchen Duft es sich handelt.

Brailleschrift

Eine große Herausforderung war die ebenfalls naheliegende Überlegung, das wichtige internationale Kommunikationsmittel der Brailleschrift in die Ausstellung zu integrieren. Dies wurde schließlich mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für barrierefreies Lesen, dem Kulturwissenschaftsstudenten Sebastian Schulze und nicht zuletzt mittels eines Brailledruckers vom Gleichstellungsbüro der Universität Leipzig realisiert. An allen neu entwickelten Stationen finden sich nun Hinweise in Brailleschrift.

Orientierung

Am Eingang des Museums wurde ein Orientierungsplan angebracht. Bei der Gestaltung wurden Raumbezeichnungen in Brailleschrift angebracht und weitere tastbare Elemente verwendet. Diese wurden in mühevoller Feinarbeit handgefertigt. Doch auch die bereits erwähnten Aspekte des grafischen Erscheinungsbildes – Typografie und Farbe tragen zu einer guten Orientierung im Museum bei.

Icons

Neben Brailleschrift und QR-Codes finden sich an jeder Station im Museum speziell für die Ausstellung gestaltete Icons, die auf den barrierefreien Zugang zu den historischen Inhalten visuell Hinweisen. Durch diese zusätzlichen Gestaltungselemente wird deutlich gemacht, welche Sinne explizit an den Stationen angesprochen werden. Vereinfachte Darstellungen der Sinnesorgane in Dunkelrot auf weißem Grund sind hier zentrales Mittel zur Visualisierung.

Gemeinschaft

Ein besonders wichtiger Aspekt war die intensive Zusammenarbeit der beteiligten AkteurInnen. Auch die heterogenen Zielgruppen von Jung bis Alt wirkten bei der Konzeption und Umsetzung der Stationen, durch konstruktives Feedback und wohlwollende, teils sehr persönlichen Einblicke in deren Sichtweise mit. Das Projekt und die Ergebnisse wurden durch unterschiedliche soziale Medien publiziert und geteilt, sodass ein breites Publikum auf die Aktivitäten der Projektgruppe aufmerksam werden konnte. Zum Louis Braille Festival 2019 wurde die Ausstellung im Antikenmuseum für alle BesucherInnen eröffnet, das Projekt war zudem mit einem Stand am Hauptveranstaltungsort des Festivals im Kongresszentrum des Zoo Leipzig vertreten.

Zu sehen ist ein Raum mit Menschen die in einem Kreis stehen. Vier Personen sitzen auf weißen Stühlen. Vor einer sitzenden Person liegt am Boden ein weißer Assistenzhund. Eine sitzende Person spricht. Alle anderen Personen hören zu.

Zusammenfassung

Nach Abschluss und Auswertung des gesamten Projektes wurden Potenzial und Herausforderungen dieser Arbeitsweise ersichtlich. Die Durchführung komplexer Projekte mit einer Vielzahl thematischer Ausrichtungen benötigt Raum für Kreativität und Zeit. Auch stellte sich heraus, barrierearme und inklusive Angebote können nicht alle fachlichen Inhalte beinhalten. Sie können jedoch im Sinne kunstpädagogischer und museumspädagogischer Vermittlung, Zugänge eröffnen und einer heterogenen Zielgruppe ermöglichen Kunst und Kultur zu erleben. Die vielschichtigen Anforderungen und Zielstellungen der beteiligten Lehrenden, Lernenden, Fachleuten, Handwerkern und der Projektpartner zusammenzuführen und in sehr kurzer Zeit zielorientiert ein komplexes Projekt zu entwickeln und zu realisieren war eine große Herausforderung von deren Bewältigung die Ergebnisse in der ständigen Ausstellung im Antikenmuseum Zeugnis geben. Bereits während des Louis Braille Festivals stieß die Ausstellung auf Interesse. Sie steht auch weiterhin für BesucherInnen offen. Ein Museum zum Tasten, Hören, Riechen. Ein Museum für Alle!

Dies ist ein Poster mit Informationen zu dem Projekt Zum Greifen nah.

Erkunden Sie selbst!

Ob im Antikenmuseum im Nikolaikirchhof 2 in Leipzig oder hier auf der Website, wir laden Sie noch einmal herzlich dazu ein die Themen der Ausstellung zu entdecken:

Link zu den Themen.

Und so kommen Sie vorbei:

Antikenmuseum der Universität Leipzig
Alte Nikolaischule
Nikolaikirchhof 2 · 04109 Leipzig
Website Antikenmuseum

+49 (0) 341 97 30 700
E-Mail Antikenmuseum

Öffnungszeiten:

Montag geschlossen
Dienstag – Donnerstag 12-17 Uhr
Freitag geschlossen
Samstag – Sonntag 12-17 Uhr
an gesetzlichen Feiertagen geschlossen