Statuette eines Stieres aus Bronze

Die frühste Periode der antiken griechischen Kunstentwicklung wird geometrische Zeit genannt. Die Bezeichnung leitet sich von der für diese Phase charakteristische Verzierung ab, wie die in dieser Vitrine ausgestellten Gefäße mit geometrischen Mustern, Streifen, Dreiecken oder Mäanderbändern verdeutlichen. Erst am Ende dieser Epoche, im Verlauf des 8. Jahrhunderts v. Chr., erschienen die ersten, noch silhouettenhaften Menschen- und Tierdarstellungen auf der Keramik.

Ihre Kunstfertigkeit drückten die griechischen Handwerker jedoch nicht nur in der Vasenmalerei aus, sondern auch im Gießen von kleinen Bronzefiguren. Der Stier war ein besonders beliebtes Motiv, da er nicht nur für Zeugungskraft und Fruchtbarkeit stand, sondern auch für den Reichtum der Besitzer von Rinderherden. Dementsprechend stellte er ein wertvolles Opfer für die Götter dar. Obwohl die kleine Bronze-Statuette den Stier in vereinfachtet Form wiedergibt, sind seine charakteristischen Merkmale, Hörner und Kehllappen, unverkennbar. Die kräftigen Beine zeigen, dass das Tier wohlgenährt und somit ein besondert gutes Opfer ist. Das verhältnismäßig überdimensionales Glied betont die Männlichkeit und zeugt somit ebenfalls vom enormen Wert des Tieres.

Derartige Statuetten wurden zu Hunderten in griechischen Heiligtümern gefunden. Wohlhabende Stifter stellten sie nahe dem Altar auf. So dienten die aus unvergänglichem Material geformten Figuren als dauerhafte Weihegabe an die Götter und zeugten von der religiösen Frömmigkeit der Menschen. Nahmen die im Heiligtum aufgestellten Statuetten über Hand, wurden sie von einem Kultdiener eingesammelt und in Gruben im Heiligtum hinterlegt. So wurden die Geschenke den Göttern nicht weggenommen, sondern blieben in ihrem Heiligtum. Gleichzeitig wurde damit Platz für die Aufstellung neuer Weihegaben geschaffen.