Messemännchen

Maskottchen Leipziger Messe

Fundstücke 1000 Jahre Leipzig

Messemännchen
90 × 75 × 160 mm
Plastik, Textil
Fundort: Thalheim im Erzgebirge
Funddatum: 26. Mai 2015

1964 entworfen, ein Jahr später Premiere gefeiert, von da an Karins liebstes Spielzeug. Vor 50 Jahren überflutete das einzige Maskottchen, dass eine Messe bis dahin kannte, Leipzig. Heute im Allgemeinen eine Rarität, für Karin ein Erinnerungsstück.

Leipzig feierte 800-jähriges Stadt- und Messefest, daran erinnert sich die damals achtjährige Karin genau, weil dies der Anlass dafür war, wieder einmal gemeinsam mit ihren Eltern am 2. Oktober 1965 einen Ausflug zu Onkel, Tante und Cousine zu unternehmen. Es war nicht Karins erster Besuch in Leipzig, doch in der Stadt gab es mehr Trubel als je zuvor. Musik war in der Ferne zu hören und auch bunte Fahnen konnte sie schon von weitem sehen. Das war ganz schön aufregend, denn so ein Stadtfest fand schließlich nicht jedes Jahr statt.
Ihr Onkel schenkte ihr damals als Andenken an diesen Besuch ein Messemännchen, welches sie auf den Namen Manfred taufte. Darüber freute sie sich damals sehr, da ihr das Messemännchen vom ersten Moment an gefiel.

1966

1966: Karin hat »Manfred« fast immer dabei.

Als wir nun über die 1000-Jahrfeier von Leipzig sprechen und »Manfred« auf dem Dachboden suchen, fragt sich Karin, ob sie denn wirklich schon so alt sei, denn sie erlebt bereits das zweite große Stadtjubiläum innerhalb von nur 50 Jahren. Müsste Leipzig 2015 nicht erst seine 850 Jahrfeier zelebrieren?

Am 20. Dezember 1015 wurde »in urbe libzi« in den Annalen von Bischof Thietmar von Merseburg erwähnt. Eben im »Ort bei den Linden« (Leipzig) verstarb Bischof Eido von Meißen, während seiner Durchreise. Diese Ersterwähnung hat sich Leipzig 2015 zum Anlass genommen um unter anderem das »längste Bürgerfest«, welches es jemals gab, zu feiern oder die »StadtFestSpiele« zu veranstalten. Dabei handelt es sich doch fast um ein Versehen, eine Lappalie, oder eine Nebensächlichkeit, um eine Tatsache die für den Chronisten aus einem anderen Grund relevant war und nicht ansatzweise einem urkundlichen Rechtsakt gleicht. Anders, verbindlicher niedergeschrieben, besteht heute noch der offizielle Stadtbrief, welcher Lips (Leipzig) sein Stadt- und Marktrecht durch Markgraf Otto von Meißen verleiht. Da die Datierung fehlt, kann jedoch auch diese Urkunde durch ihre Inhalte nur auf einen Zeitraum zwischen 1156 und 1170 datiert werden. 1165 ist in der Literatur das verbreitetste Jahr für die Verfassung des Stadtbriefes. Aus einem Dorfmarkt wuchs eine Messestadt.

Für 5,70 Mark konnte das Messemännchen auf der weltbekannten Leipziger Messe erstanden werden und fand reißenden Absatz. Der blaue Anzug greift die Farbe Leipzigs auf, der Globuskopf fungiert als ein Symbol für offenen Welthandel, der Koffer macht das Männchen zusammen mit dem Hut zu einem reisenden Geschäftsmann und die Pfeife steht für Selbstsicherheit und Friedfertigkeit. Weit über 400 000 Mal wurde es produziert und nach mehrjähriger Pause ist das Messemännchen heute wieder käuflich zu erwerben. Ein Original aus den 1960er Jahren ist jedoch kaum noch zu finden.

Zwischen einigen anderen Spielzeugen überdauerte das Messemännchen 50 Jahre

Gemeinsam mit anderen Spielzeugen, verblieb das Messemännchen »Manfred« knapp 50 Jahre auf dem Dachboden.

In dem Interesse die Hochburg des Handels zu feiern und die Großveranstaltung eines Stadtfestes zur wirtschaftlichen Belebung zu nutzen, entschied sich der Leipziger Stadtrat zwischen 1960, 1963 und 1965 für das letztere Jahr, um das 800-jährige Stadt- und Messejubiläum zu vereinen und es auf das Ende des Siebenjahresplans auszurichten. Es wurden Festumzüge, historische Märkte und Konzerte veranstaltet, an die sich Karin selbst heute noch verschwommen erinnern kann.

2015 folgt Leipzig auf der Tradition aufbauend der 900 Jahrfeier von 1915, welche jedoch kaum bekannt ist, da dieses Jubiläum im Kontext des ersten Weltkriegs verhältnismäßig wenig Beachtung fand. Leipzig tritt also in jene Fußstapfen und folgt nicht der Zeitrechnung der DDR, nach welcher Leipzig als Stadt 2015 erst ihr 850-jähriges Jubiläum feiern müsste.
Ist die Feier, die im Jahr 2015 stattfindet und mit zahlreichen Veranstaltungen über mehrere Monate andauert, ein gefundener Anlass um sich in Deutschland als vermeintlich tolerante, weltoffene Stadt zu präsentieren? Es scheint offensichtlich, dass sich heute immer weniger Menschen mit ähnlicher Euphorie wie 1965 mit der Messe und der Messestadt identifizieren. Ob die Stadt Leipzig mit ihrem Programm an diesem Sachverhalt etwas ändern kann, wird sich bald zeigen.

Möglicherweise ähnelt die Jubiläumsfeier 2015 dem Messemännchen Manfreds mehr als beabsichtigt – nach 50 Jahren aus einem Koffer herausgekramt, für einzelne Personen mit Erinnerungen behaftet, jedoch schlussendlich belächelt, vergessen und eingestaubt?

Leipziger Messe Historie
Stadt Leipzig – Stadtjubiläen in der Vergangenheit

Vroni Meier
https://vronimeier.wordpress.com

Fundstücke 1000 Jahre Leipzig