Fahrradschloss

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Nachbarschaft

Fahrradschloss
95 × 100 × 100 mm
Stahldraht, Metall, Gummi, Kunststoff
Fundort: Jonasstraße 4
Funddatum: 10. April 2014

Ein Fahrradschloss ist eigentlich essenziell für die Sicherung des liebsten Vehikels eines Studenten und gerade in Leipzig ein unabdingbarer Gegenstand. Dem Seitenschneider eines Diebes hält es aber meistens nicht stand, ähnlich wie in diesem Fall.

Sicherlich fragt sich einer, was denn ein Fahrradschloss mit nachhaltiger Nachbarschaft zu tun haben soll. Schließlich ist es nicht unbedingt Sinnbild für Gemeinschaft und brüderliches Teilen. Hinzu kommt außerdem, dass es das einzige ist, was von meinem Fahrrad noch übrig ist, denn es wurde gestohlen. Auch nicht unbedingt ein Zeichen für harmonisches Miteinander. Trotzalledem verbinde ich mit diesem Fahrradschloss auch positive Erinnerungen: Ich war zu Besuch bei einer Freundin in der Leipziger Neustadt. Wir treffen uns ab und an, um Filme zu schauen und über dies und jenes zu quatschen. An diesem Abend suchte ich vergeblich nach einem Platz im Innenhof des Wohnhauses, um mein Rad anzuschließen. Also schloss ich es draußen an einer Laterne an. Wird wohl nichts schief gehen, dachte ich mir. Einige Stunden später wollte ich mich auf den Heimweg machen, doch mein Rad war weg. An der Stelle, wo es stand, lag nur noch das zerschnittene Schloss am Boden. Ich ärgerte mich total darüber, dass manche Menschen scheinbar überhaupt keinen Anstand besitzen und einfachso Dinge klauen. Aus Geldgier oder Neid kann es nicht passiert sein, da mein Fahrrad eigentlich eine komplette Rostlaube war. Hoffentlich wurde es aus einem triftigeren Grund gestohlen als aus eventueller Langeweile des Diebes. Ich überlegte hin und her, wie ich nun nach Hause kommen sollte, da ich ziemlich weit ab vom Schuss wohne ohne nah gelegenen Nahverkehr (Warum heißt das dann eigentlich Nahverkehr?) und ging vorerst zu meiner Freundin ins Haus zurück. Sie versuchte mich zu trösten und drückte mir ihren Fahrradschlüssel in die Hand und meinte ich solle es ihr demnächst wieder zurück bringen. Ich war richtig froh über ihre Hilfsbereitschaft und ihr Vertrauen. Wer verleiht schon sein Fahrrad einfach so?
So bin ich doch noch ohne große Umwege nach Hause gekommen.
Das Rad meiner Freundin habe ich ihr am nächsten Tag zurück gebracht. Ich frage mich jedoch immer noch, warum ausgerechnet mein Fahrrad dran glauben musste. Es lässt mich irgendwie nicht los. Selbst ein sicheres Schloss, ein fest im Boden verankerter Gegenstand als Stellplatz und Kodierung haben den Dieb nicht abgeschreckt. Ich hoffe wirklich, dass es einen triftigen Grund hatte, mein Fahrrad zu stehlen.

An sich hatte ich immer mal wieder schlechtes über die Leipziger Neustadt gehört, dass dort angeblich allerlei kriminelle Energie vorhanden sei. Doch Berichten von Freunden zufolge, ist dieser Stadtteil längst nicht mehr so schlimm, wie es das Image verlauten lässt. Durch die Sanierung vieler Gebäude hat das ganze wieder an Charme gewonnen und gilt unter Studenten als richtig »hippe« Gegend, doch leider steckt mir die Geschichte mit meinem Rad immer noch in den Knochen und so richtig will das Bild vom kriminellen Brennpunkt nicht aus meinem Kopf verschwinden. Sicher wäre mir dasselbe früher oder später auch in anderen Stadtteilen passiert, die auf den ersten Blick ruhig und auch ein wenig langweilig erscheinen, doch eingebrannte Vorurteile lassen sich sehr schwer beseitigen.
Die Hilfsbereitschaft meiner Freundin brachte mich auch auf den Gedanken, wie es wäre, wenn es Fahrradstationen gäbe, bei denen man jederzeit eines ausleihen könnte. Diese Idee existiert jedoch schon eine Weile (siehe Links).

Links
Tipps zur Fahrradsicherung
Informationen über Teilfahrräder

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Autor
Mandy Simon

Nachbarschaft