Die romanischen Sprachen

Was haben uns die Römer eigentlich hinterlassen? Sprachlich zumindest in großen Teilen Europas sehr viel. Ein großer Teil der heutigen europäischen Sprachen ist aus dem Lateinischen entstanden und einige davon, wie Spanisch, Portugiesisch und Französisch, sind zu Weltsprachen geworden. Ursprung war dabei nicht das schriftliche Latein Ciceros oder Vergils, sondern die gesprochene Sprache, das sogenannte Vulgärlatein. Die Händler und Soldaten aus Rom brachten diese Version der alten Sprache in die Provinzen des römischen Reiches, wo sie von der Bevölkerung nach und nach übernommen wurde. Auf diese Weise verdrängte das Lateinische einen Großteil der dort vorhandenen Sprachen. Diesen Prozess nennt man Romanisierung.

Der Name Vulgärlatein leitet sich ab von lat. vulgaris sermo, womit Cicero die Sprachen der unteren Schichten bezeichnete (Kabatek/Pusch, 2011, S. 243). Aus dem Vulgärlatein entstanden im Verlauf der Jahrhunderte eine Vielzahl von Sprachen, die unter dem Begriff romanische Sprachen zusammengefasst werden. Diese Gruppe unterteilt sich noch in vier Sprachgruppen, die italoromanischen, iberoromanischen, galloromanischen und balkanromanische Sprachen. 

Wie viele romanische Sprachen es gibt und wie viele Menschen diese Sprachen heute sprechen ist sehr umstritten. Was ist noch ein Dialekt oder eine Varietät und was ist schon eine Sprache? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Sprachwissenschaft seit Jahren und auch die Politik mischt kräftig mit (s. Unabhängigkeitsbewegungen im Baskenland und Katalonien).

http://www.spiegel.de/politik/ausland/baskenland-massendemo-fuer-eta-haeftlinge-a-943072.html

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-06/katalonien-unabhaengigkeit-anerkennung-regionalregierung-barcelona-madrid

Fest steht, dass das Lateinische großen Einfluss auf die heutige romanische Sprachlandschaft Europas und der Welt hatte. Den geografischen Raum, in dem romanische Sprachen gesprochen werden oder wurden, bezeichnet man als Romania und unterscheidet die sogenannte Alte Romania, wo heute romanische Sprachen als direkte Fortsetzer des von den Römern dorthin getragenen Lateins gesprochen werden, von der Neuen Romania, die die Gebiete umfasst, die im Zuge der Expansion europäischer Mächte im 15. Jh. Romanisiert wurden (ebd. S. 10). 

Besonders spannend präsentiert sich der sprachliche Prozess auf der iberischen Halbinsel. Bevor die Römer kamen und neben Straßen, Bädern und schicken Monumenten auch ihre Sprache mitbrachten, wurden auf der Halbinsel fünf Sprachen gesprochen, sowie verschiedene Dialekte dieser Sprachen: Lusitanisch, Tartessisch, Baskisch Iberisch und Keltiberisch. Überlebt hat die römischen Eroberer nur das Baskische, was bis heute im Norden Spaniens gesprochen wird. Über die vorrömischen Sprachen weiß man nur sehr wenig, was u.a. an den spärlichen und teils rätselhaften Funden liegt. Das Tartessische beispielsweise weißt zwar deutliche Ähnlichkeit zu den iberischen Schriftzeichen auf, die Zeilenanordnung ist aber spiralisch. Obwohl in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte bei der Dekodierung der alten Schriften gemacht wurden, bleibt vieles noch im Dunkeln und wartet auf seine Enträtselung.

Man sieht also, dass die Verbindung zwischen der iberischen Halbinsel und dem Rest der Welt schon in der Antike sehr eng war. Als das Gebiet noch Hispanien hieß und römische Provinz war, stammten berühmte Schriftsteller und Kaiser wie Seneca und Trajan aus dem Gebiet, später brachten die Spanier die Sprache, die sie von den Römern übernommen hatten nach Latein-Amerika. Und heute? Inzwischen denken wir bei spanischen Exporten vielleicht eher an die Tomaten, die in spanischen Gewächshäusern gezüchtet werden und die europäischen Supermarktregale füllen.

 

 

 

 

 

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Quellen:

Kabatek, J. (2011). Spanische Sprachwissenschaft: Eine Einführung (2., überarb. Aufl.). Tübingen: Narr.