Im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. erreichte die griechische Vasenmalerei ihren Höhepunkt. Die Maltechniken wurden verfeinert und perfektioniert. In Korinth entwickelten die Töpfer die sogenannte schwarzfigurige Malweise. Bei dieser Technik wurden die Figuren vor dem Brennvorgang mit einem aus Ton bestehenden Malschlicker auf die Oberfläche des Gefäßes aufgetragen. Während des Brandes, der in mehreren Stufen stattfand, färbte sich dieser Schlicker schwarz, der Grund des Gefäßes hingegen rot, sodass die Figuren als schwarze Silhouetten auf rotem Grund sichtbar wurden. Gegen Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. wurde die sogenannte rotfigurige Technik eingeführt: Nun bedeckten die Vasenmaler das ganze Gefäß mit dem Malschlicker, wobei sie allerdings die Figuren aussparten. Zur Angabe der Details innerhalb der Figuren wie etwa die Muskeln oder die Falten der Gewänder verwendeten sie wiederum den Malschlicker. Während des Brennens färbten sich die ausgesparten Figuren rot, ihre Details wie auch die Flächen um sie herum schwarz.
Wie so oft, kam diese technische Neuerung nicht von einem auf den anderen Tag. In der Übergangszeit, als die rotfigurige Malweise noch ganz neu war, wurden daher häufig beide Techniken auf ein und demselben Gefäß gleichzeitig angewendet. Diese werden daher auch „bilingual“, also zweisprachig, genannt. Auf der einen Seite weisen sie eine schwarzfigurige, auf der anderen Seite eine rotfigurige Malweise auf.
Auf den Boden der Innenseite unseres Beispiel-Stücks, eine Trinkschale, ist in schwarzfiguriger Maltechnik ein junger Mann zu sehen, der nach rechts läuft. Die Figur wurde also mit dem schwarz färbenden Malschlicker aufgetragen, während der ausgesparte Untergrund des Gefäßes rot blieb. Auf der Außenseite der Schale sind in Rot Palmenblätter sowie zwei Männerdarstellungen zu sehen. Hier kam die rotfigurige Technik zum Einsatz, bei der die Bildmotive ausgespart und der Hintergrund mit Malschlicker abgedeckt wurde.