Chinesischer Glücksfisch

Neustädter Fundstücke

Chinesischer Glücksfisch

8 x 10 x 1 mm
Kupfer versilbert
Fundort: Eisenbahnstraße, Parkplatz
gefunden am 15. April 2012

In China wird das gleiche Schriftzeichen für Fisch und Überfluss benutzt. Der Fisch ist hier ein Symbol für Glück, Reichtum und gute Ernte. Dieser kleine Glücksfisch hat einen erstaunlichen Weg von China bis in die Leipziger Neustadt zurückgelegt.

Der lange Weg des chinesischen Glücksfisches

Durch die Aufhebung von Anordnungen, wie der Kollektivierung der Landwirtschaft, lebte in den Jahren von 1981 bis 1987 ein Großteil Chinas Bevölkerung in extremer Armut. Zu diesen am Existenzminimum lebenden Menschen zählte auch Su. Sie hatte sich verliebt doch wenig Hoffnung, dass Tin, ihr Geliebter, jemals genug Geld aufbringen konnte, um mit ihr eine eigene Familie zu gründen. Eines Tages kehrte ihr Vater mit einem kleinen Geschenk für sie nach Hause. Es war eine Kette mit einem Fisch daran, die er auf dem Weg zur Arbeit am Wegrand gefunden hatte. Er sollte ihr Glück und Reichtum bescheren. Su trug den Anhänger von nun an jeden Tag und es dauerte keinen Monat, da geschah etwas Unbegreifliches. Tin kam zu ihnen nach Hause und wollte mit ihr auswandern. Er hatte eine Möglichkeit gefunden als Vertragsarbeiter nach Deutschland, genauer in die DDR, zu gelangen. Und für sie, Su, gab es ebenfalls die Möglichkeit dort in einer Baumwollspinnerei zu arbeiten. Die Verträge waren auf 5 Jahre befristet, es durfte keine Integrationsabsicht bestehen und es durften keine Familienangehörigen mitreisen. Da Su und er nicht verheiratet waren und sich beide sehr geschickt anstellten, gelang es ihnen gemeinsam von Leipzig abgeworben zu werden. Sie konnten es sich nicht erklären, doch ohne Nachzudenken ergriffen sie diese Chance aus den Nöten zu entkommen, voller Hoffnung auf ein besseres und gemeinsames Leben. Es kam erstmal anders. Sie wurden getrennt voneinander in Arbeiterwohnheime gesteckt, die streng kontrolliert wurden. Eine Schwangerschaft wäre ein Grund zur Ausweisung gewesen. Doch nur ein Jahre später half der Fisch erneut: die Wende kam. Su und Tin gelang es eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen und fanden, wie viele Migranten dieser Zeit, eine Wohnung im Stadtviertel Neustadt. Sie konnten endlich heiraten, Kinder kriegen und eine Familie sein.

Gut 20 Jahre später fand Su beim Aufräumen eine kleine Schachtel, in die fein säuberlich eingebettet der Fisch lag, der ihr und ihrer Familie einst so viel Glück bescherte. Für sie hatte er seine Arbeit getan und somit beschloss sie ihn weiterschwimmen zu lassen. Sie lief ein paar Schritte bis zum Rabet und suchte sich eine ruhige Stelle, nahm den kleinen Fisch und warf ihn mit geschlossenen Augen über ihre Schulter. In Gedanken wünschte sie dem nächsten Finder genauso viel Glück.

Quellen
Vertragsarbeiter
Symbolik Fisch

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Autor
Isabelle Grubert