Stromkabel

Stromkabel

45 x 20 x 50 mm
Plastik, Draht
Fundort: Lutherstrasse 9, Leipzig
gefunden am 19.4.2012

Auf einer ruhenden Baustelle in Neustadt fand ich dieses nicht sehr lange, leicht zu übersehende Kabel. Es lag unter ein wenig Schutt vergraben. Doch nutzlos war es noch nicht, denn es erzählt von einer Zeit, in der eine Entdeckung Großes bewirkte.

Kleine Dinge, die Großes bewirken.

Da liegt es vor mir. Ein Stück modernerer Technik, das mich anhalten lässt. Es ist unter ein wenig Schutt vergraben. Wahrscheinlich wurde es noch vor Kurzem benutzt und dann weggeschmissen und vergessen. Es ist nichts besonderes. Es gibt tausende wie dieses.
Man denkt nicht viel darüber nach, welchen Fortschritt Strom und Stromkabel für unser Leben, welche Erleichterung und welchen Komfort sie bedeuten. Doch als ich dieses Kabel nun so vor mir liegen sehe, schweifen meine Gedanken unbewusst in eine Zeit ab, in der die ersten Schritte hin zu dem gemacht wurden, was wir heute für selbstverständlich halten; eine flächendeckende Stromversorgung für jeden.

1866.
Eine Zeit des Umbruchs.
Eine verheißungsvolle Zeit, die die Welt, wie man sie bis dahin kannte, nachhaltig verändern sollte.

Es war das Jahr, in dem  Werner von Siemens (1816-1892) das dynamoelektrische Prinzip entdeckte und bei der Entwicklung des ersten elektrischen Generators nutzte. Ab 1880 entwickelten sich diese Generatoren immer mehr zu Großmaschinen, um den wachsenden Strombedarf der expandierenden  Stromnetze decken zu können, Zwei Jahre später wird die erste Blockstation in Stuttgart in Betrieb genommen. Nach und nach gehen immer mehr Städte „ans Netz“.
Doch noch sollte es einige Zeit dauern, bis auch der letzte Winkel Deutschlands mittels elektrischem Strom erhellt werden konnte.

Schauen wir ins Leipzig dieser Zeit. Genauer nach Leipzig Neustadt.
Ab 1881 selbstständige Gemeinde. Bereits 1885 über 7000 Bewohner.
Doch lange war an einen Stromanschluss nicht zu denken. Wie in vielen anderen deutschen Städten wurden die Straßen und Häuser noch durch Gasanschlüsse beleuchtet. In Leipzig seit 1838.3 Und somit konnten viele Menschen noch nicht einmal erahnen, dass schon bald jeder Haushalt mit Strom versorgt werden konnte. Die Nachricht, dass sich nun in ersten Städten Stromnetze aufbauten, nahm ihren Weg durchs Land und kam so auch durch Leipzig nach Neustadt.
Und obwohl sicherlich viele Menschen die weitreichenden Konsequenzen noch gar nicht begreifen oder vorhersehen konnten, lag wohl etwas Magisches in der Luft. Ein elektrisierendes Knistern, das sich leise näherte und von der Welt von morgen erzählte.

In Leipzig-Neustadt sollte dieses „Morgen“ in den Jahren um die Jahrhundertwende beginnen.
– 1895 ging das erste leipziger Elektrizitätswerk in Betrieb.
– 1910, rund dreißig Jahre nach der ersten Blockstation in Stuttgart, hatten bereits zwei Prozent der Wohnungen einen Stromanschluss.

Schnell verbreitete sich diese neue Art zu Beleuten über ganz Deutschland, Europa und bald die ganze Welt. Doch natürlich, diente der elektrische Strom schon seit seiner „Geburtststunde“ nicht allein dem Zweck der Beleuchtung, sondern bahnte sich dank unzähliger Tüftler und Erfinder immer neue und innovative Wege, die uns Möglichkeiten erschlossen, die bis dahin undenkbar oder zumindest oft in weiter Ferne schienen.

Seitdem hat der Strom viele Wege genommen. So auch in Neustadt.
Durch Strom-, Telefon-, TV-, Internet- und anderen Kabeln und Leitungen, erhellt er uns die Abende und Nächte, verbindet uns mit Freunden und Familien, bringt uns Unterhaltung und eröffnet uns scheinbar unbegrenzte Wege zu Informationen. Verbindet uns mit der Welt.

Quellen
wiki:Elektrischer Strom
Geschichte der Energieversorgung
Geschichte der Stadtwerke Leipzig GmbH

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Autor
Claudia Schulze

Foto
Claudia Schulze

Neustädter Fundstücke