Die gegenwärtige Corona Pandemie kann als eines der einschneidendsten Ereignisse der letzten Jahrzehnte gesehen werden. Unsere Werte der sozialen Verbundenheit sind de facto ausgehebelt. Doch was bleibt? Misstrauen in einer orientierungslosen Zeit? Oder Vertrauen in Dinge des Alltags, die sonst unscheinbar und heute sicher anmuten?
Wir explorieren unsere Umwelt intensiver denn je. Stellen Fragen, wie wir Begegnungen in und mit unserer Umwelt gestalten wollen. Politisch ist dabei alles, was mit Begegnung, Reibung oder Konflikt zwischen subjektiven Wahrnehmungen zu tun hat.
Ich habe den Eindruck, dass der Mensch sich zunehmend selbst tätig in Bezug zur Natur erfährt. Zwischen der Zimmerpflanzenobssession des einen und dem Schrebergartenkauf des anderen, sitze ich zwischen acht verschiedenen Minzen fasziniert von ihren geheimen Kräften. Je intensiver mich dieses kleine Pflänzchen in seinen Bann zieht, desto größer wird auch mein Unbehagen, wie der Mensch der Natur begegnet.
Mensch und Minze miteinander
Schon die griechische Mythologie zeigt ein Miteinander zwischen Mensch und Minze. Hades, Gott der Unterwelt, verliebte sich in die Nymphe Minthe. Im Zorn der Eifersucht zerriß Persephone sie in Stücke, aus denen Minzen hervorwuchsen. Aber sind die verführerischen Kräfte der Minze tatsächlich so gefährlich, dass sie einen Akt der Zerstörung legitimieren?
Ein echter Überlebenskünstler ist der Lippenblütler allemal! Ihr weltweiter Fortbestand ist durch die Bildung natürlicher Hybriden (Bastarde) gesichert. Der Umwelt passt sie sich nicht nur durch eine Artenvielfalt mit dem Farbspektrum von Dunkelgrün bis Lila an. Ist es zu trocken, stirbt die Pflanze oberirdisch ab und treibt bei genügend Regen wieder aus.
Die verborgenen Kräfte der Minze wirken auch in zahlreichen vom Menschen geschaffenen Produkten. Minze enthält aromatische Verbindungen wie Menthol, Limonen und Cineol. Bei äußerer und innerer Anwendung binden sich die Aromen an Rezeptoren der Nervenzellen. Es kommt zu einer Erhöhung der intrazellulären Calciumkonzentration und ein Aktionspotential wird ausgelöst. Menthol löst einen physiologischen Prozess aus, den wir sonst spüren, wenn unsere Umgebungstemperatur auf einen individuellen Schwellenwert absinkt.
Auch bei Spannungsschmerzen, Atemwegserkrankungen, Verdauuungsproblemen oder emotionalen Verstimmungen verspricht die Minze einen richtigen Frische- und Wohlfühlkick!
Schon Plinius berichtet, dass die alten Griechen und Römer sich bei Trinkgelagen mit geflochtenen Minzkränzen schmückten, um einem Kater vorzubeugen.
Vielfältiges Wissen ermöglicht uns eine immer spezifischere Aneignung minzig-grüner Kräfte.
Es sind hierarchisierende Muster zwischen Mensch und Natur, die fest in unserem Denken und Fühlen sitzen. Mensch und Natur begegnen sich zweckgebunden.
Die Minze hat mich dazu bewegt, Asymmetrien in Beziehungen wahrzunehmen und zu überwinden.
Der Klimawandel und Covid-19 haben unseren Bezug zur Umwelt neu aufleben lassen. Der Klimawandel und Covid-19 können uns ein Lehrstück dafür sein, eine Entwicklung eines anderen Miteinanders einzuschlagen; Machtverhältnisse in Beziehungen zu reflektieren.
Links
Soziologische Perspektiven auf die Corona-Krise
Minze: Wirkung – Inhaltsstoffe – Verwendung
Quellen
Brigitte Kleinod (2006), Minze: Frisch – aromatisch – gesund.
Autorin: Florentine Ringshausen