Die Farbenvielfalt der Pflanzenwelt ist nahezu grenzenlos. Vom grünen Gras über rote Erdbeeren, blaue Veilchen bis hin zu schwarzen Begonien lässt sich fast jeder nur erdenkliche Farbton wiederfinden. Schon seit prähistorischen Zeiten ist der Mensch von diesen prächtigen Farben fasziniert und möchte sich damit schmücken. So ist das Handwerk der Pflanzenfärberei entstanden.
In diesem Blog erkunde ich die Welt des Pflanzenfärbens. Folge mir auf meiner Entdeckungsreise durch die Geschichte, Wissenschaft und Praxis der Pflanzenfärberei. Ich werde zwar nur an der Oberfläche dieses sehr umfangreichen und vielseitigen Themas kratzen können, aber vielleicht lernst du ja trotzdem was dabei und bekommst Lust zuhause das ein oder andere Experiment auszuprobieren und auf eigene Faust weiter zu lernen.
Was sind Färberpflanzen?
Alle Pflanzen enthalten Farbstoffe, doch nur wenige eignen sich auch zum Färben. Diese Pflanzen heißen Färberpflanzen. Ihre Farbstoffe sind besonders kräftig, lange haltbar und somit für die Färberei und auch für den industriellen Gebrauch geeignet.
Pflanzenfarbstoffe werden beim Einfärben von Textilien, Lebensmitteln und Kosmetika verwendet. Außerdem zur Herstellung von Pigmenten, welche dann zu Malfarben, Wandfarben und Farblacken weiterverarbeitet werden können.
Färberpflanzen können außerhalb der Farbindustrie auch in vielen anderen Bereichen genutzt werden. Zum Beispiel können aus ihnen Hautpflegeprodukte und Medikamente hergestellt werden. Außerdem sind sie sehr beliebt bei Bienen und sorgen für ein ausgewogenes Ökosystem und Artenvielfalt. Sie sind also in vielerlei Hinsicht eine Bereicherung für unser Leben.
Hier soll es aber vor allem um ihren primären Gebrauch gehen: die Färberei.
Geschichte der Pflanzenfärberei
Schon zu prähistorischen Zeiten wurde gefärbt. Die ältesten Funde von Farbstoffen auf Textilgeweben stammen aus der Zeit um 3000 v. Chr. Spuren von pflanzlichen Farbstoffen wie Krapp oder Indigo wurden auf Mumienbändern und Textilresten in den altägyptischen Gräbern gefunden. Die ältesten Rezepte der Küpenfärbung mit Waid stammen aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. Als Beigabe im Grab eines Alchemisten überdauerten die 70 Rezepte auf Papyrus die Jahrhunderte in Ägypten. Auch in der Türkei weisen zahlreiche Wandmalereien aus der Steinzeit auf das Tragen von farbiger Kleidung und auf die Tradition des Teppichwebens und -färbens hin. Bereits Caesar berichtete, dass sich die Kelten vor dem Kampf mit Waid blau anmalten um noch schrecklicher auszusehen.
Aus Grabfunden weis man, dass Farbstoffe auch germanischen Völkern schon früh bekannt waren. Im Grab einer Wickingerkönigin, deren Leben auf die Zeit zwischen 800 und 850 n. Chr. geschätzt wird, fand man neben Webbrettchen und Handspindeln auch Kessel und Reste von Färberpflanzen. Die Pflanzen wurden als Waid und Krapp identifiziert. Man weiß, dass im Reich Karls des Großen (747-814 nach Chr.) der Anbau und Handel mit Färberwaid, Krapp und Reseda große wirtschaftliche Bedeutung hatte.
Rund um den Globus wurden pflanzliche Farbstoffe Jahrhunderte lang zum Färben genutzt. In den 1850er Jahren wurden jedoch die ersten synthetischen Farbstoffe erfunden und auf den Markt gebracht. Mit ihrer einfachen Verarbeitung und konsistenten Farbqualität vertrieben sie die natürlichen Farbstoffe vom Markt und schon bald gab es kaum noch Anbauregionen für Färberpflanzen. In den 1980er Jahren entstand jedoch ein neuen Trend zum Umweltbewusstsein der bis heute anhält. Damit haben natürliche Farbstoffe wieder an Popularität gewonnen und werden auch in Deutschland wieder zunehmend angebaut und vertrieben.
Die Extraktion
Um pflanzliche Farbstoffe vielseitig verwenden zu können, müssen sie erstmal aus den Pflanzenteilen extrahiert werden. Farbstoffe sind in allen Teilen der Pflanzen enthalten. Nicht alle Farbstoffe sind aber in allen Pflanzenteilen gleich verteilt. Die Farblokalisierung und -konzentration variiert von einer Pflanzenart zur anderen sehr stark. Wenn du eine bestimmte Farbe erhalten möchtest, solltest du dich also im Vorfeld informieren in welchen Teilen deiner Pflanzen welche Farbstoffe sind. Wenn du dann mit der Extraktion loslegen willst, hast du drei Möglichkeiten:
Mörsern: Diese Methode ist vor allem für weiche Pflanzenteile geeignet wie Blüten und Blätter. Die Pflanzen werden so lange gemörsert bis ein Brei entstanden ist. Zu diesem Brei wird dann etwas Wasser gegeben. Anschließend wird die Masse durch ein Filtertuch gepresst.
Auspressen: Diese Methode eignet sich nur für Gemüse, Obst und vor allem Beeren. Dabei werden die Pflanzen durch starken Druck ausgepresst und dadruch entsaftet.
Auskochen: Die Pflanzen werden in Wasser eingeweicht. Anschließend werden sie einige Stunden gekocht. Das Gemisch wir dann durch ein Filtertuch gepresst. (Weiter unten findest du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung).
Das Ergebniss aller Extraktionsverfahren ist die Flotte. Diese kann direkt zum Malen verwendet werden oder zur Färbung und Pigmentherstellung weiterverrbeitet werden.
Färbung mit Pflanzlichen Farbsoffen
Papierfärbung
Der simpelste Färbeprozess ist der von Papier. Es werden dafür keine Chemikalien benötigt und man hat sehr schnell schöne Ergebnisse.
Da die Papierfärbung mit relativ wenig Aufwand verbunden ist, kann dabei sehr einfach durch den Zusatz verschiedener Hausmittel oder Chemikalien rumexperementiert werden. Viele Pflanzenfarbstoffe sind pH-Indikatoren. Sie reagieren also mit Säuren und Laugen und verändern ihre Farbe (siehe Bild unten). Auch durch Schimmel oder Sonnenlicht kann das Ergebnis interessante Farben und Formen annehmen.
Textilfärbung
Bei Textilien wird es dann doch etwas komplizierter. Es gibt drei grundsätzliche Methoden der Textilfärbung mit Pflanzen.
1. Direkte Färbung: Der Farbstoff zieht im Färbebad direkt, d.h. ohne Hilfsmittel auf die Faser auf. Bei späterem Waschen geht die Farbe nicht wieder verloren. Nur eine handvoll wichtige Farbstoffe gehören zu Gruppe der Direktfarbstoffe.
2. Küpenfärbung: Hierher gehören nur die indigoiden Farbstoffe. Diese sind nicht in Wasser löslich und müssen erst durch eine Reduktion in die lösliche Form überführt werden. Wird der Stoff aus dieser Lösung (Küpe) wieder herausgenommen, erfolgt die Rückoxidation durch Luftsauerstoff. Erst dann wird die blaue Färbung sichtbar.
3. Beizenfärbung: Alle anderen Farbstoffe gehören zu den Beizenfarbstoffen. Hierbei werden die Textilien zuerst in eine Metallsalzlösung (Beize) eingelegt. Die Metallionen verbinden sich mit der Faser. Der Stoff wird dann in die Farbstofflösung gebracht, wo sich die Farbstoffmoleküle an die Metallionen binden und eine haltbare Färbung erzeugen.
Wolle und Seide kannst du auch wie Papier einfach in die Flotte legen. Das Ergebnis einer solchen direkten Färbung wird aber nur sehr blass ausfallen. Möchtest du dunkle und leuchtende Farben erhalten oder Baumwolle einfärben, musst du das Material vorher beizen.
Es gibt unzählige Methoden zum Beizen, eine der ältesten ist die Beizung mit Alaun (Kaliumaluminiumsulfat). Alaun kann man ganz einfach und relativ günstig in einer Chemikalienhandlung oder im Internet kaufen.
Jetzt bist du dran!
Das waren nun eine ganze Menge Informationen und ich habe noch nicht ein mal alle Bereiche der Pflanzenfärberei abgedeckt. Ich hoffe jedoch, dass ich dich mit diesem Blog inspirieren konnte. Vielleicht hast du ja Lust bekommen dich selbst auf die Reise zu machen und eigene Experimente zu starten. Sei neugierig und habe keine Angst dir die Hände schmutzig zu machen, denn diese Farbstoffe sind alle Bio.
Links
Quellen
Schneider, Gudrun: „Färben mit Naturfarben“, 1979, Ravensburg
Will, Markus: „Skript zum Thema: Pflanzenfarbstoffe“, 1996, Marburg
Reichenbach, Peter: „Färber-Fibel“, 2009, Gelsenkirchen
Hintergründe zu Färberpflanzen und Pflnzenfarben von Eberhard Prinz
Autorin des Beitrags: Alisa Semevskaya