Fichte und Buchdrucker, eine gestörte Beziehung
Das Elbsandsteingebirge war immer meine zweite Heimat. Schon als kleines Kind stapfte ich durch die dunklen Fichtenwälder und bestieg meine ersten Klettergipfel. Doch seit den Tagen meiner Kindheit hat sich Vieles verändert. Der einst tiefgrüne Wald ist kahl und trocken. Überall mahnen kahle Flächen und tote Bäume. Was ist passiert und wer ist daran Schuld?
Ist es ein Borkenkäfer mit dem, ach so schönem, Namen Buchdrucker?
Nein, Schuld trägt wie so oft Einer… Nämlich wir, die Menschen.
Warum das so ist, will ich noch begründen, aber erstmal möchte ich euch von Fichten und Käfern erzählen. Der Buchdrucker, Ips typographus, ist ein Borkenkäfer, der nur Fichten befällt. Der Baum dient dem Käfer als Brutraum und Nahrung. Der Buchdrucker ist ein Parasit und die Fichte sein Wirt.
Eine gesunde Fichte kann sich gegen einige Buchdrucker gut selbst verteidigen. Das Harz tötet die Käfer und die Larven in ihren Gängen, wenn der Baum verletzt ist. Das Harz ist fast so wie unser Immunsystem.
Doch sind unsere Fichtenwälder nicht gesund und daran tragen wir Menschen aus zweierlei Gründen die Schuld:
1. Monokulturen
»Wir lieben Fichten.« Fichtenholz ist super zum Bauen geeignet. Die Bäume wachsen schnell, hoch und gerade. Darum haben wir intensiv Fichtenwälder kultiviert. Fast alle Fichten in Deutschland sind durch den Menschen gepflanzt. Fichten wachsen eigentlich nur in kälteren Regionen, wie im Hochgebirge und den nördlicheren Breiten-graden. Diese Monokulturen sind im wahrsten Sinne des Wortes »ein gefundenes Fressen« für die Buchdrucker und ermöglichen so das massive Wachstum der Käferpopulation.
2. Klimawandel
Die Sommer sind trocken und die Winter sind mild. Das freut die Käfer, denn die können überwintern ohne zu erfrieren. Die Fichte aber leidet, denn sie ist durch die Trockenheit geschwächt und kann nicht genug Harz produzieren, um die Käfer zu bekämpfen.
Das natürliche Gleichgewicht ist gekippt und das Öko-system ist gestört, darum verändert es sich gravierend. Auch wenn das Fichtensterben wie eine apokaltyptische Katastrophe aussieht, so ist es doch nur eine Veränderung. Denn da wo ein Leben endet, beginnt ein Neues. Es folgt…
… der Folgewald! Jetzt ist der dunkle Fichtenwald weg und zurück bleibt trockenes aber sonniges Land.
Der Wind bringt neues Leben in der Form von Samen. Pionierbäume, wie Birken, Ahorn, Kiefern und Ebereschen, erobern die Flächen und bilden in wenigen Jahren einen jungen niedrigen Wald. Im Schutze dessen wachsen Buchen und Eichen, die langfristig alle anderen Bäume überschatten und das Waldbild dominieren werden. Ein Mischwald ist gewachsen und ein natürliches Gleichgewicht stellt sich wieder ein.
Doch ist das neue Gleichgewicht jung und fragil. Darum ist es unsere Verantwortung dieses zarte Gleichgewicht zu schützen, denn wir sind auch seine größte Bedrohung.
Impressum
Text und Bilder: Andres Geißler
Quellen:
https://www.waldwissen.net/wald/baeume_waldpflanzen/nadel/fva_fichte_baum_jahres_2017/index_DE
https://www.waldkulturerbe.de/den-wald-erleben/publikationen/unsere-waldbaeume/die-fichte/
https://www.forstpraxis.de/kleines-einmaleins-des-borkenkaefers/